# taz.de -- Kommentar Alternsgerechte Jobwelt: Inseln im Hochleistungsbetrieb
> Es stellt sich die Frage, ob die Alterung der Erwerbsgesellschaft nicht
> in der gesamten Wirtschaft einen Schub an Humanisierung auslösen könnte.
Manchmal sind die kleinen sprachlichen Unterschiede wichtig. Der neue Trend
heißt "alternsgerechte", nicht "altersgerechte" Arbeitplätze. Denn in dem
Vorzeigeprojekt bei BMW geht es nicht darum, für betagtere Facharbeiter
schonende Jobs zu finden. In der neuen Produktionslinie sollen vielmehr
Teams aus Beschäftigten verschiedener Generationen zusammenarbeiten zu
Bedingungen, die den Verschleiß an Körper und Seele möglichst gering halten
und unter denen man daher "altern" kann.
Noch handelt es sich bei solchen Demografieprojekten um Modelle aus großen,
finanzkräftigen Unternehmen. Doch die Frage stellt sich, ob die Alterung
der Erwerbsgesellschaft nicht in der gesamten Wirtschaft einen Schub an
Humanisierung auslösen könnte.
Derzeit wird der Umgang mit Stress und Belastung den Sozialsystemen
zugeschoben: Es gibt den unseligen Trend, das Gesundheitssystem als
Exit-Option zu gebrauchen für Leute, die nicht mehr funktionieren können.
Was sich unter anderem an der steigenden Zahl der Erwerbsminderungsrenten
wegen psychischer Erkrankungen zeigt. Doch so was ist teuer und
volkswirtschaftlich kontraproduktiv.
Denn Fachkräfte fehlen, die Belegschaften altern, die Zahl erwerbstätiger
Frauen steigt, und diese sind wegen der häufigen familiären Belastung noch
stärker auf erträgliche Jobs angewiesen. Die Alterung der Gesellschaft und
der Fachkräftemangel müssen aber kein Damoklesschwert sein, sondern bieten
die Chance zum Umdenken.
Die Forschung weiß, welche Bedingungen human sind: Die Möglichkeit, Stress
im Job selbst zu regulieren, und transparente Hierarchien beispielsweise
sind wichtig. Man muss zwischendurch auch mal nicht mit voller Kraft
arbeiten, die Ansprüche senken dürfen. Die Ansprüche senken - das berührt
das Allerheiligste der Personalführung in der Hochleistungsgesellschaft. Es
ist Zeit, dass auch dieses Tabu fällt.
31 Jul 2011
## AUTOREN
(DIR) Barbara Dribbusch
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