# taz.de -- Kommentar Ungarische Regierung: Real existierender Orbánismus
       
       > Orbáns Rechtsregierung nähert sich dem totalitären Regime vor 1989, jetzt
       > werden Oppositionelle mit Gefängnisstrafen bedroht. Das Volk verhält sich
       > apathisch.
       
       Ungarns Premier Viktor Orbán wird getrieben von einem paranoiden Hass auf
       das kommunistische Regime und die Sozialdemokraten, die für ihn die
       direkten Nachfolger des Realsozialismus sind. Dabei wird die von der
       rechtspopulistischen Bürgerunion Fidesz geführte Regierung dem totalitären
       Regime, das "vor 1989" herrschte, immer ähnlicher.
       
       Alle verantwortlichen Posten werden mit Getreuen besetzt und zum Teil mit
       Amtszeiten ausgestattet, die über zwei Regierungsperioden hinausgehen. Die
       Freiheit der Medien ist bereits empfindlich beschnitten. Demnächst folgt
       eine Welle von Neubesetzungen in der Justiz. Politisch unzuverlässige
       Richter können dank der Herabsetzung des Pensionsalters für ihren
       Berufsstand frühzeitig in Rente geschickt werden.
       
       Jetzt werden auch noch Oppositionelle für politische Handlungen mit
       Gefängnis bedroht. Kommt demnächst der erste Schauprozess im
       postkommunistischen Ungarn?
       
       Man sollte meinen, dass diese offensichtliche Willkür, gepaart mit der
       wirtschaftlichen Durststrecke, das Volk in Massen auf die Straße treiben
       müsste. Tatsächlich provozierte das Mediengesetz zu Jahresbeginn recht
       beeindruckende Demonstrationen. Doch seitdem herrscht Apathie, denn
       politische Alternativen bieten sich nicht an. Die Sozialdemokraten haben
       sich durch Misswirtschaft und Korruption selbst demontiert, die
       faschistische Jobbik ist den meisten zu extremistisch und die grüne LMP
       noch zu neu und zu wenig berechenbar, um kurzfristig Proteststimmen zu
       binden.
       
       Die Ungarinnen und Ungarn, soweit sie nicht ohnedies mit der Entwicklung
       einverstanden sind, fühlen sich angesichts der geballten Macht von Fidesz
       ohnmächtig und ziehen sich zurück. Schon bei den Parlamentswahlen im
       Vorjahr blieben über 30 Prozent den Urnen fern. Bei den Kommunalwahlen im
       Herbst war die Enthaltung noch größer.
       
       Ähnlich haben die Menschen in der Zeit des Kommunismus regiert: sie hielten
       sich aus der Politik heraus und versuchten zu leben, ohne bei den Mächtigen
       anzuecken. Ungarn macht eine rasante Rolle rückwärts.
       
       2 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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