# taz.de -- Konsequenzen aus dem Oslo-Attentat: Alles muss raus
       
       > Was müsste aus den Regalen unserer Supermärkte verschwinden, um Taten wie
       > die von Oslo künftig zu verhindern? "World of Warcraft" macht schon mal
       > den Anfang.
       
 (IMG) Bild: Sieht man in Norwegen künftig wohl eher selten: Spielefans, die im Laden "World of Warcraft" kaufen.
       
       BERLIN taz | Breivik wirkt. In Norwegen nimmt die Supermarktkette Coop
       "World of Warcraft" und eine Reihe anderer Computerspiele aus dem Handel.
       Anders Behring Breivik hatte in seinem Manifest geschrieben, das
       Online-Rollenspiel "World of Warcraft" sei eine gute Tarnung, um viel Zeit
       vor dem Computer zu verbringen und Pläne zu schmieden. Und der Egoshooter
       "Modern Warfare 2" eigne sich, das Töten von Menschen zu trainieren.
       
       Breivik wirkt - vor allem deshalb, weil wir alle nach eigentlich
       unbegreiflichen Gewalttaten Erklärungen verlangen, das war auch nach den
       Morden von Littleton und Winnenden so. Sehr oft begründen die Täter ihre
       Handlungen nicht und lassen ein schwarzes Loch zurück, welches die
       Öffentlichkeit versucht mit Bedeutung zu füllen. Breivik hingegen hat uns
       keine Lücke, sondern 1.500 Seiten Bedeutungsüberschuss hinterlassen. Dieser
       Überschuss quoll wie aus einem überlaufenden Kloakebecken in die
       Internetforen, Zeitungen, politischen Diskussion. Puzzeln muss da niemand
       mehr, sondern eher aussortieren.
       
       Doch statt nun zu prüfen, was Breivik nur behauptet und was tatsächlich
       stimmen könnte, erleben wir eine Auslese am Marktregal. Dabei hilft der
       Charakter des Breivikschen Traktats. Im Englischen kann "manifest" auch
       Warenverzeichnis heißen. Und so liest sich das Geschriebene auch, wenn wir
       erfahren, welche Kleidung und welche Musik Breivik gern kaufte. Wie viel
       davon soll nun verschwinden? [1][Darüber haben taz-Redakteure auf dieser
       Seite nachgedacht.] Lassen uns solche Gedankenexperimente bei allem
       Verständnis für die Opfer völlig unberührt?
       
       Manche Ware ist nämlich auch Idee. Spiele sind zumindest Medien, darin
       Büchern oder Filmen gleich, für viele Menschen sind sie gar Kunst. Ist der
       Druck von Breiviks Ausfluss so stark, dass er solche Ideenwaren einfach aus
       unserem Sichtfeld spülen kann? Und was passiert, wenn es die Ideen selbst
       erwischt? Man werde das Manifest durchgehen und die betreffenden Personen
       teilweise zum Verhör laden, ließ uns der norwegische Staatsanwalt Christian
       Hatlo am Dienstag wissen.
       
       Vielleicht würde es so manchen freuen, wenn zum Beispiel der von Breivik
       mehrfach zitierte Publizist Henryk M. Broder bei der Polizei vorgeladen
       würde. Eventuell aber sollten sie sich fragen, ob es ihnen nicht doch etwas
       Sorge bereitet, wie mächtig Anders Behring Breivik ist. Obwohl wir ihn
       eigentlich im Gefängnis eingesperrt glauben.
       
       3 Aug 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /index.php
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Schulz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Norwegen nach den Attentaten: Sozis legen zu, Rechte stürzen ab
       
       Umfragen verzeichnen einen Stimmenzuwachs von 12 Prozent für die
       Sozialdemokraten. Rechtspopulisten und Konservative verlieren dagegen jeden
       vierten Wähler.
       
 (DIR) Breivik und sein Vorbild Una-Bomber: Spekulation über codierte Botschaften
       
       Mitglieder einer norwegischen Mailingliste beschäftigt die Frage, ob der
       Attentäter von Oslo in seinem "Manifest" geheime Informationen versteckt
       haben könnte.
       
 (DIR) Nach Verhör wegen Islamkritik: Norwegischer Blogger enthüllt Identität
       
       Norwegens Polizei vernimmt "Fjordman". Der islamkritische Blogger diente
       dem Attentäter Breivik als Inspirationsquelle. Um den Medien zuvorzukommen,
       enthüllt er seine Identität.
       
 (DIR) Norwegischer Terrorist Breivik: Klappe zu, Affe tot!
       
       Wenden, bitte: Die Norweger drehen Boulevardzeitungen mit Breivik auf dem
       Cover am Kiosk einfach kollektiv um. Sie wollen "dieses Gesicht nicht mehr
       sehen".
       
 (DIR) Debatte Terror in Norwegen: Krieger wider die Gleichheit
       
       Nicht nur der Hass auf Muslime trieb den Attentäter von Norwegen an. Sein
       extremer Frauenhass verbindet ihn mit anderen radikalen Ideologen.
       
 (DIR) Das Befinden der Muslime nach Oslo: Wer will das wissen?
       
       Interessiert es uns, wie es den Muslimen in Deutschland nach dem Massaker
       von Oslo geht? Ein Text über Fragen, die gestellt werden, und die eine, die
       wichtig wäre.
       
 (DIR) Breiviks Manifest: Ein postmoderner Roman
       
       Anders Behring Breiviks Manifest liest sich wie Literatur. Inspiriert wurde
       der Täter von "World of Warcraft". Die Gesellschaft hält er für ein "game".
       
 (DIR) Debatte Antiislamismus nach Norwegen: Aufklärung, ganz radikal
       
       Nach dem Attentaten von Oslo könnte nun falsche Rücksichtnahme auf den
       Islam zur Selbstzensur führen. Dabei sind Tabus immer ein Zeichen von
       Schwäche.
       
 (DIR) Kommentar Norwegen und die NPD: Eine gefährliche Logik
       
       SPD und Linke fordern ein neues Verbotsverfahren. Die CDU will der NPD den
       Geldhahn zudrehen. Doch das ist eine gefährliche, demokratiegefährdende
       Mogelpackung.