# taz.de -- Kollateralschäden der Finanzkrise: Verkauf von Emmentaler eingebrochen
       
       > Die Schuldenkrisen von EU und USA treffen auch Länder, die selbst
       > ordentlich gewirtschaftet haben. Die Schweizer Firmen etwa leiden unterm
       > teuer gewordenen Franken.
       
       Ob Käsehersteller, Pharmakonzerne oder die Tourismusindustrie - die
       Schweizer Wirtschaft leidet unter der Eurokrise und dem starken Franken.
       Die Maßnahmen der Nationalbank werden daran wohl wenig ändern.
       
       Mit einer Ausweitung der Geldmenge und tieferen Zinsen für kurzfristige
       Anlagen hat die Schweizerische Nationalbank in dieser Woche damit begonnen,
       den "massiv überbewerteten" Franken zu schwächen. Danach legte der Euro
       zwar kurzfristig um bis zu drei Rappen zu, fiel bis gestern aber wieder
       unter die die Marke von 1,10 Franken. Ein Absinken des Euro auf eine
       1:1-Parität mit dem Franken oder gar darunter wird von Experten weiterhin
       nicht ausgeschlossen.
       
       Für Daniel Lauper, dessen Familie seit 1888 in Überdorf, Kanton Fribourg
       Emmentaler-Käse herstellte, kamen die Maßnahmen der Nationalbank ohnehin
       viel zu spät. Er musste seine traditionsreiche Käserei bereits Ende Mai
       schließen. Damals kostete der Euro noch über 1,30 Franken.
       
       Seitdem haben vier weitere Käsereien dichtgemacht. Denn zwischen Januar und
       Mai dieses Jahres war der Verkauf von Emmentaler um fast 20 Prozent
       eingebrochen, verglichen mit einem Rückgang von lediglich drei Prozent in
       den ersten fünf Monaten des Vorjahres. Laupers Umsatz sank von 7,20 Franken
       pro Kilo Emmentaler auf 5,50 Franken.
       
       60 Prozent des Schweizer Emmentaler wurde bislang exportiert - vor allem in
       den Euroraum. Und in den Eurostaaten "diktieren uns die Abnehmer ihre
       niedrigen Preise", klagt Käseexporteur Josef Hardegger, der Emmentaler an
       Detailhändler und Supermärkte in Deutschland verkauft. Zugleich sind in
       Folge der bilateralen Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU
       die Importe von Billigkäse aus Italien, Deutschland oder den Niederlanden -
       darunter auch "Emmentaler" - in den letzten zwei Jahren deutlich
       angestiegen.
       
       Über Einbrüche im Exportgeschäft infolge des starken Franken, schwachen
       Euro und noch schwächeren US-Dollar klagen auch fast alle andere Branchen
       der Schweizer Wirtschaft - selbst die in Basel ansässigen multinationalen
       Pharmakonzerne. Novartis bilanziert zwar in US-Dollar, dessen schwacher
       Kurs den Umsatz des Konzerns positiv beeinflusst.
       
       Doch der starke Franken schmälert den Betriebsgewinn. Denn nur 1,5 Prozent
       seines Gesamtumsatzes erwirtschaftet Novartis auf dem Schweizer
       Absatzmarkt, der Anteil des Franken an den Betriebskosten liegt hingegen
       bei rund 13 Prozent. Denn etwa 12.5000 der weltweit 119.000
       Novartis-Mitarbeiter arbeiten in der Schweiz mit ihrem sehr hohen
       Lohnniveau. Ähnlich sieht die Lage beim Konkurrenten Roche aus.
       
       Die Schweizer Tourismusbranche ist in doppelter Weise betroffen. Die
       ausländischen Gäste aus den USA und dem EU-Raum bleiben aus. Und mehr
       Eidgenossen als in den Vorjahren verbringen ihre Ferien nicht im
       Heimatland, sondern in den USA und in Ländern des Euroraums. Die Branche
       befürchtet für die laufende Sommersaison Einbrüche von über 30 Prozent.
       
       Die Reaktionen auf die Maßnahmen der Nationalbank zur Schwächung des
       Franken schwanken zwischen vorsichtigem Optimismus und großer Skepsis. Es
       sei "positiv, dass die Nationalbank ein Zeichen setzt und der dramatischen
       Entwicklung nicht tatenlos zusieht", erklärte Swissmen, der Dachverband der
       Maschinen-, Bau und Elektroindustrie mit 330.000 Beschäftigen.
       
       Uhrenunternehmer Jean-Claude Biver, der Luxusuhren in die ganze Welt
       exportiert, befürchtet allerdings, "dass die Intervention der Nationalbank
       nicht lange wirken wird". Möglicherweise sei "der Krebs der Aufwertung des
       Franken" schon so weit fortgeschritten, dass Hilfe zu spät komme.
       
       Für Swissmechanik, den Dachverband von 1.400 mittelständischen
       Maschinen-und Elektrofirmen, ist die Zinssenkung der Nationalbank für
       kurzfristige Anlagen "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Unerlässlich
       sei "die Einführung von Negativzinsen". Nur so ließe sich die Flucht
       ausländischer Spekulanten in den Franken bremsen.
       
       5 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Zumach
       
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