# taz.de -- Rekordzinsen auf Staatsanleihen: Die tricksende Zentralbank
       
       > Der Trend zu wachsenden Zinsen für Italien und Spanien setzt die
       > Euroländer unter Druck. Trotzdem will die Zentralbank Italien noch nicht
       > stützen, damit Berlusconi früher spart.
       
 (IMG) Bild: Verschließt die Augen vor der Euro-Krise: Silvio Berlusconi.
       
       BERLIN taz/rtr | Die Nervosität an den Finanzmärkten lässt auch die
       Europäische Zentralbank (EZB) nicht unbeeindruckt. Am Sonntagabend wollten
       die Präsidenten der Euro-Notenbanken in einer Videokonferenz ihr weiteres
       Vorgehen beraten, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete.
       
       Spanien und Italien müssten Rekordzinsen zahlen, wenn sie neue Kredite
       aufnehmen. Bei zehnjährigen Staatsanleihen werden rund 6 Prozent fällig. An
       diesen hohen Risikoprämien beunruhigt vor allem der Trend: Falls die Zinsen
       noch weiter steigen sollten, könnte das auch Spanien und Italien
       mittelfristig in die Pleite treiben.
       
       Die Probleme in Italien und Spanien beschäftigen die EZB schon länger. Erst
       am Donnerstag hatte die Notenbank entschieden, dass sie Staatsanleihen
       aufkauft, um die Zinsen zu drücken. Allerdings agierte die EZB dabei recht
       überraschend: Sie griff nicht etwa bei italienischen und spanischen
       Staatsanleihen zu – sondern erwarb irische und portugiesische Papiere, wie
       Marktteilnehmer berichten.
       
       Diese Intervention ist deswegen ungewöhnlich, weil Portugal und Irland
       längst unter den EU-Rettungsschirm gekrochen sind und nicht mehr von den
       Finanzmärkten abhängig sind, um ihre Staatsschulden zu decken. Momentan ist
       es also egal, wie hoch die Risikoprämien für portugiesische und irische
       Staatsanleihen sind. Warum hat die EZB dort trotzdem interveniert?
       
       Viele Marktbeobachter glauben, es sei ein Trick: Durch ihre Kaufaktion habe
       die EZB signalisieren wollen, dass sie prinzipiell bereit sei,
       Staatsanleihen ins Depot zu nehmen, um damit die Märkte zu beruhigen. Aber
       sie habe keine italienischen Papiere erworben, um die Regierung Berlusconi
       weiter unter Druck zu setzen, ihr Sparprogramm zu verschärfen.
       
       Italien hat zwar längst Kürzungen in Höhe von 48 Milliarden Euro
       beschlossen – aber die meisten Sparziele sollten erst nach 2013 greifen,
       wenn die nächste Wahl vorüber ist.
       
       Der Druck der EZB blieb nicht ohne Wirkung: Am Freitagabend setzte
       Berlusconi kurzfristig eine Pressekonferenz an, auf der er dann ankündigte,
       dass das Sparprogramm bereits 2012 beginnen soll – damit 2013 der
       Staatshaushalt ausgeglichen sei.
       
       Schon in dieser Woche werde sich das italienische Parlament mit dem
       beschleunigten Zeitplan befassen. Dieses Vorgehen habe er unter anderem mit
       Kanzlerin Angela Merkel beraten. Doch nicht nur mit ihr dürfte er
       gesprochen haben: Auch diverse andere Euroländer sollen bei Berlusconi
       interveniert haben.
       
       Die EZB war also nicht allein mit ihrem Bemühen, den Druck auf Italien zu
       erhöhen. Dennoch gibt es noch eine andere denkbare Erklärung, warum sie bei
       ihren Rettungsmaßnahmen bisher so zurückhaltend ist: In ihrem Rat herrscht
       keine Einigkeit.
       
       So ist Bundesbankchef Jens Weidmann strikt dagegen, noch weitere
       Staatsanleihen aufzukaufen. Es könnte daher ein Kompromiss gewesen sein,
       portugiesische und irische Staatsanleihen zu erwerben. Denn dieses Programm
       läuft schon länger und wurde in den vergangenen 18 Wochen nur ausgesetzt.
       
       Wie auch immer: Die bisherige EZB-Politik ist offenbar gescheitert. Die
       Notenbank gerät schon wieder unter Handlungsdruck, weil die Ratingagentur
       Standard & Poors entschieden hat, die Kreditwürdigkeit der USA
       herabzustufen.
       
       Wie aus Notenbankkreisen zu hören war, drängte EZB-Chef Jean-Claude Trichet
       daher darauf, noch am Sonntagabend endgültig zu beschließen, italienische
       Staatsanleihen aufzukaufen – um auf den Börsenbeginn am Montagmorgen
       vorbereitet zu sein.
       
       7 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Schuldenkrise und die Weltwirtschaft: "Berlusconi kommt zu spät"
       
       Je später das Schuldenproblem angegangen wird, umso teurer wird seine
       Lösung. Das sagt Konjunkturforscher Jörg Hinze und prophezeit: Die
       Verunsicherung bleibt.
       
 (DIR) Verluste an asiatischen Börsen: Keine Panik
       
       An den Börsen in Asien ging es abwärts – die in Neuseeland und Australien
       starteten negativ, stabilisierten sich aber. In Hongkong und China ging es
       nach Minus-Start weiter abwärts.
       
 (DIR) Kommentar US-Bonitätskrise: Gute Gründe für Gelassenheit
       
       Der Dollar ist in Gefahr, die größte Volkswirtschaft könnte kollabieren.
       Wahrscheinlich ist das allerdings nicht, denn die Krise hat politische und
       keine ökonomischen Ursachen.
       
 (DIR) Bonitätsverlust der USA: Das Ende der guten alten Zeit
       
       Welche Folgen die Herabstufung der USA durch Standard & Poors hat, wird
       sehr unterschiedlich eingeschätzt. US-Politiker versuchen die Ratingagentur
       zu diskreditieren.
       
 (DIR) Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit: China rügt "Schuldensucht" der USA
       
       US-Präsident Obama verteidigt seine Finanzpolitik, während China scharfe
       Kritik übt. Mit Spannung wird die Reaktion der Finanzmärkte auf die
       Herabstufung der US-Bonitätsnote erwartet.