# taz.de -- Jahrestag des Mauerbaus: Streit in der Nordost-Linken
       
       > Zum 50. Jahrestag ist in der Nordost-Linken eine Debatte um die Bewertung
       > des Mauerbaus entbrannt. Jetzt will die Partei eine Sonderkonferenz
       > einberufen.
       
 (IMG) Bild: Will nichts relativierendes über die Mauer hören: Steffen Bockhahn, Landesvorsitzender der Linken in Mecklenburg-Vorpommern.
       
       ROSTOCK/BERLIN dapd | Am Jahrestag des Mauerbaus ist in der Linken der
       Streit über die Bewertung der Ereignisse vor 50 Jahren wieder hochgekocht.
       Auf dem Landesparteitag in Mecklenburg-Vorpommern gab es am Samstag eine
       heftige Kontroverse über ein Positionspapier, in dem der Bau der Mauer als
       alternativlos dargestellt wird. Die Linke will nun auf einer gesonderten
       Konferenz einen Standpunkt dazu verabschieden.
       
       Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Arbeitsministerin in
       Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, kritisierte die Entscheidung, die
       Diskussion erst nach der Landtagswahl am 4. September zu führen, scharf.
       "Die Entscheidung, sich erst nach den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern mit
       der innerparteilichen Klärung zum Mauerbau zu beschäftigen, ist an Hohn und
       Respektlosigkeit - auch gegenüber den eigenen Wählern - nicht zu
       überbieten", sagte sie der Bild am Sonntag.
       
       Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) will eine rot-rote Koalition nach
       der Landtagswahl dennoch nicht ausschließen. Die Diskussion innerhalb der
       Linkspartei werfe Fragen auf, "das ist in der Tat ein Problem", sagte er
       dem Sender NDR Info. Dennoch wäre es falsch zu sagen, die Linken im Land
       seien nicht regierungsfähig. Die SPD habe mit der Linken acht Jahre lang
       gut regiert.
       
       ## Bartsch rügt Parteimitglieder
       
       Gleich zu Beginn des Parteitags kritisierte auch der Landesvorsitzende der
       Linken, Steffen Bockhahn, in der Rostocker Stadthalle die Darstellung, der
       Bau der Mauer sei alternativlos gewesen. Einer der Mitverfasser des
       umstrittenen Positionspapiers zum Thema, Arnold Schoenenburg, hob hingegen
       genau diese Passage des Dokuments hervor.
       
       Schoenenburg zitierte den besonders kritisierten Satz, wonach die
       Entscheidung über den Mauerbau 1961 für Sowjetunion und DDR "ohne
       vernünftige Alternative" gewesen sei. Als denkbare Alternativen nannte er
       unter anderem "eine Friedenslösung", die aber vom Westen verhindert worden
       sei. Außerdem hätte die DDR-Führung alles beim Alten belassen können, was
       aber zum "Zerfall" des Staates geführt hätte, sagte Schoenenburg. Die
       dritte Möglichkeit sei gewesen, die DDR der Bundesrepublik "auszuliefern",
       was damals aber niemandem in den Sinn gekommen sei.
       
       Schließlich habe es noch die Alternative einer bewaffneten
       Auseinandersetzung zwischen Ost und West gegeben. Die Gefahr eines neuen
       Krieges sei damals real gewesen, sagte Schoenenburg. "Heiligt die
       Verhinderung eines Krieges nicht die Sicherung einer Staatsgrenze?", fragte
       der frühere Landtagsabgeordnete. Er räumte zugleich ein, dass vieles, was
       aus der Mauer "erwachsen" sei, nicht richtig gewesen sei.
       
       ## Bockhahn verurteilt relativierende Positionen
       
       Parteichef Bockhahn verurteilte hingegen in seiner Rede die Ereignisse vom
       13. August 1961 scharf. "Den Bau der Mauer kann man nicht entschuldigen",
       sagte er. Relativierende Positionen in der Linken seien bei diesem Thema
       nicht akzeptabel. Die Parteimitglieder "haben Verantwortung zu tragen für
       das Leid, das durch die Mauer entstanden ist. Wir haben Verantwortung zu
       tragen für die Toten, die es an und die es durch die Mauer gegeben hat",
       sagte Bockhahn.
       
       Zu Beginn der Veranstaltung hatte das Tagungspräsidium die Anwesenden
       aufgefordert, sich zu einer Schweigeminute für die Opfer der Berliner Mauer
       zu erheben. Eine Hand voll Teilnehmer blieb jedoch sitzen. Der
       stellvertretende Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch,
       kritisierte dieses Verhalten scharf. "Für die Toten erhebt man sich, ohne
       Wenn und Aber", rief Bartsch. Jeder Tote sei für die Linke ein Grund zu
       trauern.
       
       14 Aug 2011
       
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