# taz.de -- Justiz in Ägypten: Prozess gegen Mubarak vertagt
       
       > Künftig soll das Verfahren gegen den ehemaligen Präsidenten nicht im
       > Fernsehen übertragen werden. Vor dem Gericht kam es am zweiten
       > Verhandlungstag zu Schlägereien.
       
 (IMG) Bild: Sie fordern den Strick für Hosni Mubarak: Demonstranten vor dem Gericht in Kairo.
       
       KAIRO taz | Der "Jahrhundertprozess" soll ohne Zuschauer stattfinden: Am
       zweiten Tag des Verfahrens gegen Ägyptens gestürzten Präsidenten Husni
       Mubarak hat der Vorsitzende Richter Ahmed Refaat überraschend verkündet,
       dass der Prozess künftig nicht mehr direkt übertragen werden darf.
       
       Die Sitzung wurde nach nur 40 Minuten unterbrochen und nach zweistündiger
       Pause wegen tumultartiger Szenen im Gerichtssaal auf 5. September vertagt.
       Mubaraks Söhne Alaa und Gamal, die mit ihrem Vater angeklagt sind, machten
       beim Verlassen des Saales das Siegeszeichen.
       
       Die Euphorie, die in weiten Teilen der Bevölkerung nach dem ersten
       Prozesstag am 3. August geherrscht hatte, dürfte am Montag verflogen sein.
       Die öffentliche Übertragung der Prozesse gegen ehemalige
       Regierungsmitglieder war von Großdemonstrationen im Juli durchgesetzt
       worden. Dass sie jetzt wieder zurückgenommen wird, nährt Befürchtungen,
       brisante Information sollten der Öffentlichkeit vorenthalten werden.
       
       Insbesondere die geplante Vorladung von Feldmarschall Hussein Tantawi und
       zahlreicher ranghoher Militärs hatte für Aufregung gesorgt - und für die
       Hoffnung, mehr über die Rolle des Militärs während der Revolution zu
       erfahren. Tantawi war 20 Jahre lang Mubaraks Verteidigungsminister, seit
       dessen Rücktritt ist er als Vorsitzender des Obersten Militärrates quasi
       Staatsoberhaupt. Farid al-Deeb, Mubaraks Anwalt, hatte behauptet, das
       Militär habe schon ab dem 28. Januar, dem vierten Tag der Proteste,
       wesentliche Entscheidungen getroffen und sei für die Tötung von
       DemonstrantInnen verantwortlich.
       
       ## Rückschritt in Sachen Transparenz
       
       Der heutige Prozesstermin bedeutet nicht nur einen Rückschritt in Sachen
       Transparenz. Auch scheint die Strategie der Verteidigung zunehmend
       aufzugehen, den Prozess zu stören und zu verzögern. Im Gerichtssaal waren
       über hundert "Nebenkläger" anwesend, die mit unzähligen Redebeiträgen und
       Anträgen für Unruhe sorgten. Dies hatte bereits am Vortag im Prozess gegen
       Exinnenminister Habib al-Adly zu einem Abbruch der Verhandlungen geführt.
       
       Al-Deeb hatte neu vorgelegte Beweismittel - eine CD, vier DVDs, eine
       Flashcard mit Video- und Audio-Aufzeichnungen - als "Fälschung" bezeichnet,
       eine Kopie verlangt und eine Vertagung des Prozesses, um sie zu prüfen.
       Zudem stellte die Verteidigung zahlreiche weitere Anträge, unter anderem
       auf die erneute Zusammenlegung der Prozesse gegen Mubarak und al-Adly und
       eine Zusammenstellung aller Informationen über die Verletzten der
       Revolution, die in Krankenwagen transportiert wurden.
       
       Zwei Stunden später nahm Refaat den Prozess wieder auf - für Ankündigungen:
       Der Prozess werde am 5. September, zusammen mit dem gegen al-Adly,
       fortgesetzt. Eine Direktübertragung werde es nicht mehr geben. Als Grund
       nannte er Sicherheitsbedenken. Ob Journalisten künftig zugelassen sind, gab
       er nicht an. Bisher durfte das Staatsfernsehen filmen, Journalisten durften
       auf Antrag in den Saal, Handys oder Kameras waren verboten.
       
       Im Gerichtssaal brachen nach der Ankündigung Tumulte aus. Vor dem Saal
       lieferten sich währenddessen Anhänger und Gegner von Mubarak Schlägereien,
       Augenzeugen zufolge deutlich heftiger als beim ersten Mal. Mehrere Menschen
       wurden durch Steinwürfe verletzt. Gegner Mubaraks griffen auch das
       Kamerateam des Fernsehsenders al-Dschasira an.
       
       15 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juliane Schumacher
       
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