# taz.de -- Medien in Griechenland: Scheitern als Chance
       
       > Von der Schulden- und Wirtschaftskrise in Griechenland bleiben auch die
       > Staatsmedien nicht verschont. In ihrem Fall könnte auch das Parteibuch
       > aussterben.
       
 (IMG) Bild: Sparen sich viele Griechen gern: Politikerreden im TV.
       
       ATHEN taz | In Griechenland müssen staatliche Medien der Schuldenkrise
       Tribut zollen. Das erste Programm des griechischen Fernsehens ET1 gehört
       abgeschafft, erklärte der für Medien zuständige Minister und
       Regierungssprecher Ilias Mossialos am Freitag auf einer Pressekonferenz in
       Athen.
       
       Zudem müssen zwei digitale Fernsehprogramme und zwölf regionale Radiosender
       schließen. Eingestellt wird nach 43 Jahren auch die Programmzeitschrift
       Radiotileorasi, die einen Jahresverlust von 1,2 Millionen Euro aufweist.
       
       Dafür soll das Onlineangebot der staatlichen Senderfamilie E.R.T. erweitert
       und das griechische Auslandsfernsehen aufgewertet werden. Ein Kultursender
       soll als Nachwuchsschmiede für junge Kreative ausgebaut werden. Und nicht
       zuletzt wird ab sofort bei E.R.T. nach rein journalistischen Kriterien
       gearbeitet, verspricht Mossialos, der in erstaunlicher Offenheit zugibt,
       dass er keiner öffentlich-rechtlichen Anstalt nach europäischen Maßstäben
       vorsitzt, sondern eher einem Regierungssender.
       
       In der Tat: In Griechenland ist es ist ein offenes Geheimnis, dass viele
       Jobs in staatlichen Medien nicht nach Qualifikation, sondern nach
       Parteibuch oder durch persönliche Beziehungen vergeben werden. In den
       vergangenen Jahren schien sich niemand darüber zu wundern, dass der
       Presseminister einen Günstling ohne TV-Erfahrung zum Nachrichtenchef
       beförderte.
       
       Oder dass ein Regierungssprecher seinen Bruder zum Berater des
       Staatsfernsehens ernannte. Oder auch dass Verwandte vieler Fernsehchefs mit
       TV-Jobs und begehrten Korrespondentenposten versorgt wurden.
       
       ## Tradition des Nepotismus
       
       Mossialos, der erst seit wenigen Monaten im Amt ist, würde in die
       griechische Geschichte eingehen, wenn es ihm gelänge, die tief verwurzelte
       Tradition des Nepotismus zu durchbrechen. Und was ist mit den 6.000
       Menschen, die bereits heute bei der staatlichen Sendergruppe E.R.T.
       arbeiten? "Ihre Arbeit soll evaluiert werden", erklärt der
       Regierungssprecher sibyllinisch. Von wem und nach welchen Kriterien, lässt
       er offen.
       
       Die Gewerkschaft der E.R.T. ahnt nichts Gutes und ruft zu Protestaktionen
       und Streiks auf. Mossialos kontert mit einer selbsterklärten
       Qualitätsoffensive: Als Vorbilder für das künftige Staatsfernsehen nennt er
       die BBC, das schwedische Fernsehen sowie die deutschen
       öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Zu allem Überfluss sollen sich
       aus Gewerkschaftsperspektive auch noch Medienexperten aus Deutschland um
       die ohnehin abgelehnte Evaluierung der E.R.T.-Journalisten kümmern.
       
       Eine Frage bleibt noch ungeklärt: ob es vielleicht an der Zeit wäre, die
       Fernsehgebühren zu kürzen, wenn schon die Zuschauer weniger Fernsehen für
       ihr Geld bekommen. Darauf hat der ansonsten so eloquente Regierungssprecher
       leider keine Antwort.
       
       22 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
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