# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Köcheln bis zum Überkochen
       
       > Im deutschen Profifußball bleibt alles hetero und männlich. Oder tut sich
       > doch was?
       
 (IMG) Bild: Vorsicht, Schiedsrichterin: Tennisstar Serena Williams akzeptiert nicht jede Entscheidung kommentarlos.
       
       Komm schon, sag es doch endlich einer. Dass er auf Männer steht. Und
       Fußballprofi ist. Die deutschen Medien lassen das Thema Homosexualität im
       Fußball bei niedriger Hitze köcheln, in der Hoffnung, es möge bald
       überkochen. Auf der einen Seite steht eine weiter archaisch anmutende
       Fußballsphäre, jüngst wieder durch den Fall [1][Weidenfeller]
       repräsentiert, auf der anderen Seite trauen aufklärerische Kräfte dem
       Fußball zu, sich von homofeindlichen Haltungen in Fan- und Spielerkreisen
       lösen zu können.
       
       "Zurzeit gibt es eine mediale Jagd nach einem Spieler, der sich outet",
       sagt Christian Rudolph vom Bündnis "Fußballfans gegen Homophobie". In der
       Tat: Dem Berliner Journalisten und Autor Axel Schock wurden für ein
       Fremd-Outing eines Profis von "einem großen Medium" Summen geboten, "von
       denen man gut mal n halbes Jahr Urlaub hätte machen können". Was pervers
       ist und sonst gar nichts.
       
       Die Sportjournalisten Dirk Leibfried und Andreas Erb beschäftigen sich in
       dem in diesen Tagen im Werkstatt Verlag erscheinenden Buch "Das Schweigen
       der Männer" mit allem, was in puncto Schwul- und Lesbischsein in den
       letzten Jahren im Fußball relevant war: dem Outing des schwedischen
       Viertliga-Fußballers Anton Hysén im März, der Aussage des Ballack-Beraters
       Michael Becker, der im Juli 2010 von der "Schwulencombo" in der
       Nationalmannschaft sprach, oder der Amerell-Kempter-Affäre. Das Buch gibt
       dazu einen Überblick über die Geschehnisse im europäischen Fußball der
       letzten Jahre und zeigt gleichzeitig, wie verhärtet die Strukturen in
       vielen Bereichen des Profifußballs noch sind.
       
       In den Ligen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) - vor allem aber in der
       Bundesliga - wird das Thema an den Rand gedrängt. Anders ist der Mangel an
       Kooperation vieler Bundesligisten bei dem Buchprojekt nicht zu erklären.
       Rein schwule Teams werden in der Regel in den Freizeitfußball gedrängt,
       deutschlandweite Ausnahme sind die "streetboys" aus München, die in der
       C-Klasse 7 des Bayerischen Fußballverbandes spielen.
       
       Der einzige Profiklub, der sich in öffentlichen Aktionen gegen Homophobie
       im Fußball einsetzt, ist der FSV Frankfurt. Der Verein, zu dem selten mehr
       als 4.000 Zuschauer kommen, scheint auch auf eine bis dato nicht vorhandene
       queere Anhängerschaft zu schielen. All diese Aspekte werden im "Schweigen
       der Männer" behandelt. Das Problem des Buchs aber sind die wenig
       zielführenden anekdotischen Reihungen und vor allem zu Beginn ein
       unerträgliches Pathos. Auch führt es am Thema vorbei, von Robert Enke über
       den "metrosexuellen" Beckham bis zur Frauenfußball-WM nahezu alles in
       diesen Kontext zu stellen.
       
       Der Zeitpunkt aber, sich des Themas anzunehmen, könnte besser nicht sein.
       Es gibt immer mehr schwul-lesbische Fanclubs, auch unter den
       Ultragruppierungen gibt es etliche, etwa bei Werder Bremen oder dem FC St.
       Pauli, die sich für ein queerfreundliches Klima in den Kurven einsetzen.
       Für das Bündnis "Fußballfans gegen Homophobie" hoffentlich nur der Beginn:
       "Homophobe Äußerungen werden immer noch eher abgetan als rassistische
       Sprüche", sagt Christian Rudolph. Im Hinblick auf ein Coming-out eines
       Profifußballers sagt er: "Für den Kampf gegen Homophobie im Fußball wäre
       das gut."
       
       Viele Spieler behandeln das Thema nur vermeintlich unaufgeregt - und nur
       mit einem "Ich bins aber nicht" vorneweg. ",Philipp Lahm schwul' - gibt es
       wirklich nichts Wichtigeres?", fragt sich etwa der Bayern-Spieler in seiner
       viel diskutierten Autobiografie. Wichtig genug für ein Dementi ist das
       Thema. Wenigstens das.
       
       26 Aug 2011
       
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