# taz.de -- Kommentar Grüne Steuerpolitik: Punktsieg der Parteilinken
       
       > Wer regieren will, muss sich vom oppositionellen "Wünsch dir was"
       > verabschieden. Die Grünen tun dies in der Steuerpolitik schon zwei Jahre
       > vor der Wahl. Eine kluge Entscheidung.
       
       Wer regieren will, muss sich von Liebgewonnenem trennen. Diese Einsicht
       treibt derzeit führende Grüne um, die ihre Partei auf einen harten
       Realitätsabgleich vorbereiten. Eine Finanzkommission um Fraktionschef
       Trittin hat kalkuliert, wie hoch das Staatsdefizit in der nächsten
       Legislaturperiode ausfällt und welche Einnahmen grüne Steuerideen bringen.
       
       Es ist der Abschied vom oppositionellen "Wünsch dir was", und die Grünen
       tun gut daran, diese wichtige Diskussion zwei Jahre vor der Wahl zu
       beginnen.
       
       Hinter dem Kassensturz steht die Einsicht, dass WählerInnen in Zeiten
       kollabierender Staatshaushalte finanzpolitische Ehrlichkeit goutieren. Wie
       richtig das ist, führt der Absturz der FDP anschaulich vor. Denn deren
       Steuersenkungsrhetorik wirkt nur noch grotesk. Interessant ist, dass die
       Finanzexperten vor allem auf Ideen des linken Parteiflügels zurückgreifen -
       und teilweise über die Beschlusslage der Grünen hinausgehen.
       
       Eine Vermögensteuer wird plötzlich wieder erwogen, ebenso ein höherer
       Spitzensteuersatz, als er bisher im Programm steht. Dieser Punktsieg der
       Parteilinken ist bemerkenswert. Vor Kurzem wurden sie von den Realos
       belächelt, gern als haushaltspolitisch ahnungslose Verschwender diffamiert.
       
       Die Diskursverschiebung ist konsequent. Die im Schnitt gut verdienende
       Klientel der Grünen wäre durchaus bereit, für einen funktionierenden Staat
       mehr zu zahlen. Ob sich die Grünen eine stärkere Belastung ihrer eigenen
       Wähler tatsächlich trauen, ist offen.
       
       Ebenso offen ist, was das veritable Defizit, das die Kommission trotz allem
       am Ende errechnet, für die Inhalte bedeutet. Denn der Kassensturz ist nur
       der erste Schritt. Jetzt steht die Debatte an, die parteiintern
       Priorisierung genannt wird: Mit welchen Ideen ziehen die Grünen in den
       Wahlkampf - und welche lassen sie weg?
       
       26 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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