# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Im Rahm um Lahm
> Befreiungsschlag: Auch der Fußballfan muss erst wieder in die Bundesliga
> hineinfinden - am besten über den Kampf zum Spiel.
Ja, ist denn schon wieder Bundesliga!? So ganz hat man sich an den medialen
Riesenblödsinn noch nicht gewöhnt, am Ende des traditionellen Ferienmonats
August. Wie orientierungslos muss man eigentlich sein, dass man von der
Vorberichterstattung über das Heute-im-Stadion-Reinhören, den kurzen Blick
in die Sky-Kneipe, die obligatorische "Sportschau" schließlich auch noch
beim "Aktuellem Sportstudio" landet und gnadenlos die immer selben Sprüche
in sich reinlaufen lässt?
Ja, es ist vor genau einem Jahr ("auf den Tag genau", ja Herrgott!)
gewesen, dass der FC Bayern in Kaiserslautern antrat und mit 2:0 nach Hause
geschickt wurde. Das weiß man doch, man hat doch eben vor einem Jahr genau
diese Kolumne schon einmal vollgeschrieben. Und wenn auch damals noch van
Gaal auf der Bayern-Bank saß und nicht der ebenfalls von einem ungesunden
Gesichtsrot geschmückte Heynckes: Das Gefühl, sich in einer Zeitschleife zu
befinden, ist übermächtig. Wahrscheinlich ist man einfach zu erholt, zu bei
sich. Man ist nicht abgestumpft genug vom Alltag, um im Gesabbel um Babbel,
im Rahm um Lahm, im Gebelfer von Weidenfeller ebendiesem Alltag entfliehen
zu wollen.
Oder ist man nun einfach endgültig zu alt für diesen ganzen Scheiß? Das
kann schon sein. Tatsächlich zwickt es überall. Seit man zweimal in der
Woche als Co-Trainer des D-Jugend-Teams des Sohnes sich betätigt. Auch so
eine Schnapsidee, die für beginnende Vergreisung steht. So sind sie, die
älteren Herren - nutzen jede Gelegenheit, um von zu Hause wegzukommen.
Ziehen kurze Hosen an, schreien rum, um sich beim schon mühsamen
Nachhauseradeln ganz entspannt erklären zu lassen, dass die Bemühungen
völlig sinnlos seien. "Wir sind nun mal eine Bolzmannschaft", sagt der
Sohn.
Das Gefühl ist schon sehr stark: Diese Bundesliga-Saison wird an einem
irgendwie vorüberziehen. Für die Champions League vielleicht wird man sich
noch aufraffen können oder wenigstens rechtzeitig zum Start der
Europameisterschaft fit sein. Aber dann ist der Schmerz wegen der
Niederlage des Vereins im Finale gegen Inter plötzlich wieder so ganz nah
und da. Und diese verregnete Alpenländer-EM - die soll erst vier Jahre her
sein? Unmöglich.
Aber es ist so. Noch länger ist es allerdings her, dass die deutsche
Fußballnationalmannschaft einen Titel gewonnen hat. Trotzdem lieben alle
außer Roman (und Michael und Thorsten) den Bundestrainer Jogi Löw. Er ist
so eine Art Bundestrainer der Herzen. Merkwürdig, für einen Mann aus der
Klinsmann-Schule, wo der Erfolg doch angeblich über allem steht. Man kann
sagen: Bei Löw steht die Null - was Titel angeht.
Für die Art, den Schal zu binden, wird er gewiss in die Geschichte
eingehen. Aber ich möchte doch sagen: Den feinen Unterschied zwischen einem
Erfolgstrainer und einem Misserfolgstrainer macht nur eines: ein Titel. Und
wenn Löw im kommenden Sommer nicht Europameister wird, muss er gehen. Ein
guter, ein erlösender Satz! Ein Befreiungsschlag! Über den Kampf ins Spiel!
Liga, ich komme!
28 Aug 2011
## AUTOREN
(DIR) Ambros Waibel
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