# taz.de -- Ai Weiwei redet wieder: "Nur deine Familie schreit auf"
       
       > Peking sei eine "Stadt der Gewalt" und dem Rechtssystem Chinas könne man
       > nicht vertrauen: Erstmals seit seiner Entlassung aus der Haft, kritisiert
       > der Künstler Ai Weiwei die Zustände in seiner Heimat.
       
 (IMG) Bild: Ai Weiwei: Welche Konsequenzen ihm nun drohen, wisse er nicht.
       
       PEKING rtr | Der chinesische Künstler und Dissident Ai Weiwei hat erstmals
       seit seiner Entlassung aus der Haft Ende Juni die Regierung der
       Volksrepublik öffentlich kritisiert. Im Internet warf er ihr vor, sie
       verwehre den Bürgern ihre Grundrechte. Ai bestätigte am Montag, dass die
       Äußerungen auf der Internetseite des Magazins Newsweek tatsächlich von ihm
       stammten. Peking sei eine "Stadt der Gewalt", schrieb Ai im Internet. Die
       Regierung gehe nicht genug gegen die wuchernde Korruption vor. Zudem
       bemängelte Ai das Rechtssystem und die Politik gegenüber den
       Wanderarbeitern.
       
       "Jedes Jahr kommen Millionen nach Peking, um Brücken, Straßen und Häuser zu
       bauen. Sie sind Pekings Sklaven", empörte sich Ai. "Wem gehören die Häuser?
       Denen, die zur Regierung gehören, den Bossen der Kohlekonzernen, den Chefs
       der großen Firmen. Sie kommen nach Peking, um Geschenke zu verteilen - und
       das Ergebnis ist, dass die Restaurants und Karaoke-Bars und Saunen reich
       werden."
       
       Am schlimmsten sei, dass man dem Rechtssystem nicht vertrauen könne,
       schrieb Ai weiter. Seine Erfahrung mit der Haft habe ihn gelehrt, dass es
       viele verborgene Orte gebe, an die Menschen ohne Identität gebracht würden.
       "Nur deine Familie schreit auf, dass du vermisst wirst. Aber du bekommst
       keine Antwort von den Behörden ... oder vom Gericht oder von der Polizei
       oder der Staatsführung." Seine Frau habe während seiner Haft täglich solche
       Anfragen und Petitionen geschrieben, berichtet Ai. "Jeden Tag hat sie die
       Polizei angerufen und gefragt: Wo ist mein Mann?" Aber sie habe keine
       Antwort bekommen.
       
       Ais Festnahme Anfang April hatte einen Proteststurm vor allem von
       Regierungen im Westen hervorgerufen. Eine der Auflagen für seine
       Freilassung ist, nicht mit Journalisten zu sprechen, Ausländer zu treffen
       und das Internet zu nutzen. Ai sagte, er habe seine Eindrücke von seinem
       Leben in der Hauptstadt aufgeschrieben. Welche Konsequenzen ihm nun
       drohten, wisse er nicht.
       
       29 Aug 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ai Weiwei zahlt Sicherungsbetrag ein: Ein Verfahren mit ungewissem Ausgang
       
       Der chinesische Künstler Ai Weiwei macht sich wenig Hoffnung, dass er die
       Millionenforderung des Finanzamtes erfolgreich anfechten kann. China sei
       eben kein Rechtsstaat, sagte er.
       
 (DIR) Chinas Steuerbehörde weigert sich: Ai Weiwei darf Geldstrafe nicht anzahlen
       
       Der regimekritische Künstler wollte eine Garantiesumme von etwa einer
       Million Euro für seine Steuerstrafe hinterlegen. Das gefiel den Behörden
       gar nicht.
       
 (DIR) Chinas Zivilgesellschaft rührt sich: Unerwartete Spenden für Ai Weiwei
       
       Eine spontane Spendenbewegung zeigt Solidarität mit dem bedrängten Künstler
       Ai Weiwei. Der soll wegen angeblicher Steuerhinterziehung viel Geld zahlen.
       
 (DIR) Ai Weiwei soll jetzt zahlen: Vorwurf Steuerhinterziehung
       
       Der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei soll unter dem Vorwand des
       Steuerbetrugs mundtot gemacht werden. Es droht ihm eine drastische
       Geldstrafe.
       
 (DIR) Blogger in China: Chinas freie Stimme im Netz
       
       Auf Druck Pekings nahm Microsoft seinen Blog 2005 aus dem Netz. Am
       Donnerstag wird Zhao Jings mutige Arbeit mit dem Potsdamer Medienpreis M100
       gewürdigt.
       
 (DIR) Ai Weiwei: Der chinesische Schmerzensmann
       
       In Bregenz sind Ai Weiweis Architekturprojekte zu sehen, in Winterthur
       werden frühe Fotoarbeiten von ihm gezeigt. Sein Blog ist gerade als Buch
       erschienen. Eine Annäherung.
       
 (DIR) Regimekritiker Ai Weiwei: Schweigen zur Bedingung
       
       Seit seiner Freilassung darf der Künstler Ai Weiwei keine Interviews mehr
       geben. Auch seine Freunde, Kollegen und Mitarbeiter fürchten sich vor dem
       Regime.
       
 (DIR) Ai Weiwei nimmt Gastprofessur an UdK an: Ai Weiwei als Dozent in Berlin
       
       Der regierungskritische chinesische Künstler Ai Weiwei hat eine
       Gastprofessur an der Berliner Universität der Künste angenommen. Noch ist
       allerdings nicht klar, wann er China verlassen kann.