# taz.de -- Streit über Netzausbau: Strom ohne Masten
       
       > Energiekonzerne wollen das Stromnetz ausbauen. Um Transparenz sind sie
       > durchaus bemüht. Eine breite Allianz wehrt sich trotzdem gegen weitere
       > Hochspannungsmasten.
       
 (IMG) Bild: Hochspannungsmasten sind nicht unbedingt ein schöner Anblick.
       
       BERLIN taz | Dieses Mal sollte alles anders sein: Keine Proteste mehr gegen
       Stromleitungen, die Windstrom von Nord- nach Süddeutschland bringen sollen.
       Transparenz sei für die öffentliche Akzeptanz von großer Bedeutung,
       versprach Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur Mitte Juli und
       präsentierte Pläne der vier großen Betreiber für den Ausbau des
       Stromnetzes. Und die haben es in sich. Denn was die Unternehmen auf sieben
       Seiten niedergeschrieben haben, wird über tausende Kilometer neue
       Stromleitungen für die nächsten zwanzig Jahre entscheiden.
       
       Das letzte, 2009 gestartete Bauprogramm für neue Strommasten hatten die
       Netzbetreiber noch weitgehend unter sich ausgemacht. Das Ergebnis waren
       Proteste von Anwohnern, die nicht überzeugt waren, dass die Stromautobahnen
       notwendig sind. Bei der Planung der neuen Leitungen, die Mitte 2012 in
       einem Bundesnetzplan festgelegt werden, soll die Öffentlichkeit von Anfang
       an beteiligt werden.
       
       Bis Montag konnten Bürger der Bundesnetzagentur ihre Meinung zu den
       Szenarien mitteilen. Die eingesandten Dokumente hat die Bundesnetzagentur
       zwar bisher nicht veröffentlicht, die taz hat jedoch die Stellungnahmen der
       Energieverbände und Umweltschutzorganisationen ausgewertet. Und die sind
       sich vor allem in einem Punkt einig: Die Netzbetreiber machen keine
       Vorschläge, wie konfliktträchtige Stromautobahnen eingespart werden können.
       
       ## Energieversorgung in die eigenen Hände nehmen
       
       Um weniger Strom über große Entfernungen zu transportieren, müssten demnach
       einzelne Regionen ihre Energieversorgung stärker in die eigenen Hände
       nehmen. Das sonnenreiche Bayern etwa könnte Solarstrom mithilfe von
       Pumpspeicherkraftwerken speichern und wäre dann unabhängiger von
       norddeutschem Windstrom, erklärt Rainer Baake, Geschäftsführer der
       Deutschen Umwelthilfe (DUH).
       
       Der Naturschutzverband BUND plädiert daher für dezentrale KWK-Kraftwerke in
       Ballungsgebieten, die Strom und Wärme gleichzeitig erzeugen und über
       eingebaute Speicher verfügen. Das Ziel der Bundesregierung, den KWK-Anteil
       bis 2020 zu verdoppeln, ignorieren die Netzbetreiber jedoch in ihren
       Szenarien.
       
       Alternativen zum Netzausbau fehlen auch dem Energieverband BDEW. Er
       empfiehlt "dringend, alle Optionen zur Vermeidung von Netzengpässen und
       einer besseren Integration von erneuerbaren Energien zu prüfen". Eine
       Schlüsselrolle spielten neue Gaskraftwerke, die dann Energie erzeugen
       sollen, wenn Wind oder Sonne fehlen. Die Netzbetreiber müssten prüfen, ob
       der Bau von Gaskraftwerken an geeigneten Standorten den Netzausbaubedarf
       reduzieren könne, fordert die DUH.
       
       Doch wo genau neue Kraftwerke gebaut werden - auch dazu schreiben die
       Netzbetreiber in ihren Szenarien nichts. "Dabei ist die künftige
       Netzkonfiguration aber in hohem Maße gerade von der Verteilung der
       Kraftwerkskapazitäten abhängig", kritisiert der Bundesverband der
       Verbraucherzentralen. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) fordert
       eine Verbreitung von Windparks. Mehr Windräder im Westen und Süden
       Deutschlands etwa könnten den Bedarf an Stromtransporten deutlich
       reduzieren.
       
       Annahmen über die regionale Verteilung von Kraftwerken wollen die
       Netzbetreiber aber erst in einem nächsten Schritt treffen. Dieser
       entscheidende Schritt könnte dann aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit
       ablaufen. Bis Mitte Oktober will die Bundesnetzagentur die Vorschläge der
       Öffentlichkeit auswerten und die Szenarien genehmigen. Die nächste
       Bürgerbeteiligung ist erst wieder vorgesehen, wenn der Netzplan fertig ist.
       Man müsse aber jetzt, zu Beginn des Verfahrens, genau hinschauen, mahnt
       Baake.
       
       Ob neben den Verbänden auch Bürger zu den Ausbauplänen Stellung bezogen
       haben, beantwortete die Bundesnetzagentur nicht. Das Papier der
       Netzbetreiber ist so schwer verständlich, dass die Verbraucherzentralen
       bezweifeln, dass es ein Echo außerhalb von Expertenkreisen finden wird.
       
       31 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuel Berkel
       
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