# taz.de -- Kommentar Dresden: Regelverstoß für den Rechtsstaat
       
       > Nach der fragwürdigen Massenausspähung in Dresden ermittelt die
       > Staatsanwaltschaft nun gegen einen linken Rechtsanwalt. Es droht ein
       > Versagen der Justiz.
       
       Natürlich ist es ein Problem für den Rechtsstaat, wenn vertrauliche Akten
       aus laufenden Verfahren publik werden. Zuletzt zeigte der Fall des
       Wettermoderators Kachelmann, dass öffentliche Spekulationen und
       Vorverurteilungen der gerichtlichen Wahrheitsfindung nicht zuträglich sind.
       
       Wer Akten aus nicht abgeschlossenen Prozessen herausrückt, riskiert deshalb
       zu Recht ein Strafverfahren. Das ist weder ein Unding noch ein Skandal.
       
       In Sachsen wird jedoch besonderes deutlich, was paradox klingt und doch
       wahr ist: Manchmal profitiert auch der Rechtsstaat vom Regelverstoß.
       Beispiel: Nur durch Informationen aus dem laufenden Verfahren konnte die
       fragwürdige Massenausspähung der Demonstranten in Dresden überhaupt
       öffentlich werden. Im konkreten Fall belegten die veröffentlichten
       Dokumente, dass Sachsens Innenminister bis dahin die Unwahrheit gesagt
       hatte.
       
       Gegen diese Veröffentlichung, wen wundert es, ermittelt nun die
       Staatsanwaltschaft. Und sie ermittelt gegen, wen wundert es, einen linken
       Rechtsanwalt. Dass ein Minister der Lüge überführt wird, ist aber allemal
       ein höheres Rechtsgut als die Weitergabe von Informationen aus anhängigen
       Prozessen. So sieht das auch das Bundesverfassungsgericht regelmäßig in
       seiner Rechtssprechung.
       
       Darüber hinaus waren es in der Vergangenheit - auch hier ist der Fall
       Kachelmann symptomatisch - oft die Staatsanwälte und Ermittler selbst, die
       im eigenen Interesse mehr Vertrauliches ausplauderten, als sie gedurft
       hätten.
       
       Die sächsischen Ermittler, die für ihren ruppigen Umgang mit Journalisten
       bekannt sind, fordern nun also Journalisten auf, auf ihr Recht zum Schutz
       ihrer Informanten zu verzichten und diese preiszugeben. Das zeigt einmal
       mehr: Wo die Justiz versagt, ist die Öffentlichkeit der bessere
       Rechtspfleger.
       
       2 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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