# taz.de -- Berliner Wahl: Alternative sind keine Alternative
> Im Kreuzberger Mehringhof fragt sich die linke Szene, wann genau
> eigentlich die Grünen unwählbar wurden.
"Was uns eint, ist, dass wir alle links sind. Mehr oder weniger extrem. Die
Grünen wählen wir nur mit Schmerzen", sagt der Mann vom Fahrradladen. Das
Thema der Veranstaltung, die am Donnerstagabend im Kreuzberger Mehringhof
stattfindet, trifft er damit auf den Punkt: "Wählen ist verkehrt!
Alternativ wählen auch." Der Untertitel macht die Entfremdung noch
deutlicher: "Die Grünen: Endlich ,Volkspartei'! Ökologisch. Sozial.
Prokapitalistisch. Herrschaftsfähig." Organisiert hat den Vortrag mit
Diskussion die Redaktion vom Gegenstandpunkt, einer marxistischen
Vierteljahreszeitschrift.
Im linken Spektrum, das der Fahrradverkäufer anspricht, stehen die Menschen
vom Gegenstandpunkt wiederum ganz links. Zwar wird in Internetforen
spekuliert, ob das Medium noch "marxistisch" oder nur
"kapitalismuskritisch" ist. Dennoch wird es heute noch vom
Verfassungsschutz beobachtet.
Die rund sechzig Menschen, die im Versammlungsraum den Vortrag von
Redakteur Manfred Freiling erwarten, erinnern rein optisch an die Anfänge
der Partei, über die hier diskutiert wird: strubbelige Haare, Turnschuhe,
Thermoskannen. Aber als Freiling über die Wahl am 18. September spricht,
stellt er nicht die Frage, ob es die Ökopartei doch noch schafft, die SPD
abzulösen. Er erklärt, warum Wählen verkehrt ist: "Nicht wählen ändert
nichts. Wählen ändert auch nichts." Für Freiling bedeutet die Teilnahme an
der Wahl ein Bekenntnis zum Staat und zur kapitalistischen
Wirtschaftsordnung. Bei den Grünen vermisst er jegliche Systemkritik, ihr
"Angriff von innen" sei gescheitert.
Später fragt man sich im Publikum, wann genau der Sündenfall stattgefunden
hat: vor oder nach den von Grünen befürworteten Militäreinsätzen? "Künast
ist Juristin", schildert einer seine Entfremdung, "heute sind da Leute, die
ihre Karriere darauf ausgerichtet haben, Volksvertreter zu werden. Früher
waren bei den Grünen viele Lehrer." Anstatt den Kapitalismus als Ursache
der Umweltzerstörung zu erkennen, hätten die Grünen versucht "Ökologie und
Ökonomie zu versöhnen", heißt es.
Manfred Freiling geht es aber nicht nur um die Grünen, sondern um alle
Parteien, auch die Linke. Er propagiert den Rückzug aus dem Parteiensystem,
fordert auf, "Protestbewegung und kein Wahlverein" zu sein. Auch das könne
ein guter Gegenstandpunkt sein.
2 Sep 2011
## AUTOREN
(DIR) Alissa Starodub
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(DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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