# taz.de -- Kommentar Schwarz-Gelbe Regierung: Angst vor Neuwahlen
       
       > Die Koalition hält keine politische Agenda mehr zusammen, sondern nur die
       > pure Angst vor Neuwahlen. In normalen Zeiten wäre das lästig - in der
       > Eurokrise ist es fatal.
       
       Der Verfall von Angelas Merkels schwarz-gelber Regierung schreitet
       schneller voran als erwartet. In Mecklenburg-Vorpommern stimmte gerade mal
       ein Viertel der Wähler für CDU und FDP. In Bremen und Hamburg kamen die
       Koalitionäre auf knappe 30 Prozent. In Berlin wird das in zwei Wochen
       ähnlich laufen. Und von der Niederlage im konservativ-liberalen Stammland
       Baden-Württemberg hat sich Schwarz-Gelb bis heute nicht erholt.
       
       Dass Bundesregierungen nach zwei Jahren Landtagswahlen verlieren und dann
       die Opposition im Bundesrat ans Ruder kommt, ist im deutschen
       Parlamentarismus normal. So installiert das auf die Mitte fixierte Wahlvolk
       eine Art Allparteienherrschaft. Doch einen so drastischen Vertrauensentzug
       wie Merkels Koalition haben nicht viele deutsche Regierungen erlebt.
       
       Ein Kanzler, der in eine vergleichbare Lage geriet, war Gerhard Schröder.
       Der rief nach der SPD-Niederlage in NRW 2005 Neuwahlen aus. Seine rot-grüne
       Koalition war damals, in der Post-Agenda-Depression, politisch gelähmt.
       Schwarz-Gelb ist von diesem Punkt nicht mehr weit entfernt.
       
       Man mag einwenden, dass Merkels Macht noch nicht ernsthaft in Gefahr ist.
       Die Zahl der Abweichler wächst zwar. Doch dass die Euro-Dissidenten um
       Bosbach und Solms Merkel stürzen werden, ist gleichwohl unwahrscheinlich.
       Die Strategen der Kanzlerin werden am 29. September im Parlament irgendwie
       eine schwarz-gelbe Mehrheit für die Eurorettung organisieren. Der Kitt, der
       die Koalition zusammenhält, ist längst keine politische Agenda mehr,
       sondern nur pure Angst vor Neuwahlen. Diese Regierung wird nur noch vom
       Willen zum Machterhalt am Leben gehalten.
       
       In normalen Zeiten wäre das lästig - in der Eurokrise ist es fatal. Denn in
       der Politik erkennt man seit Monaten das immer gleiche Muster: Linkspartei,
       SPD und Grüne fordern etwas, die Regierung lehnt ab - um dann irgendwann
       doch noch halbherzig zuzustimmen. Das war beim erweiterten
       Eurorettungsschirm so, bei der Wirtschaftsregierung und der
       Finanztransaktionssteuer. Der Daseinszweck der FDP scheint darin zu
       bestehen, alles Nötige zu verhindern.
       
       Die Exportnation Deutschland ist bis jetzt ohne Schaden durch die Krise
       gekommen. Keine plündernden Mobs ziehen durch die Straßen, die
       Arbeitslosigkeit steigt nicht rasant. Aber das Vertrauen in Merkel & Co.
       schwindet trotzdem. Ob Neuwahlen oder große Koalition - in Zeiten der Krise
       wäre alles besser als diese sieche Regierung.
       
       5 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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