# taz.de -- Beteiligung des Parlaments an Euro-Hilfen: Durchmarsch der Haushälter
       
       > Ginge es nach der Koalition, soll vor allem der Haushaltsausschuss bei
       > Europa stärker mitreden. Doch dagegen formiert sich Protest - sogar in
       > den eigenen Reihen
       
 (IMG) Bild: Hauptstreitpunkt der Haushälter: Wie viel Macht bekommt das Parlament in Zukunft?
       
       BERLIN taz | Die Abgeordneten des Haushaltsausschusses gelten im Bundestag
       als besondere Spezies. Ohne sie geht nichts, denn ohne Geld geht nichts.
       Entsprechend selbstbewusst treten sie auf, auch und gerade in der
       Schuldenkrise, in der es um Milliarden geht. "Die agieren gerne nach dem
       Motto: We are the best, forget the rest", sagt ein Abgeordneter aus dem
       Europaausschuss. Umgekehrt lästern auch die Haushälter: Solche
       "Eifersüchteleien" kenne man, schießt einer zurück. "Schließlich will sich
       jeder gerne profilieren."
       
       Hinter solchen Nickeligkeiten steckt eine ernste Frage: Wie lässt sich das
       Parlament am besten an Entscheidungen des europäischen Rettungsschirms
       beteiligen? Das Ringen um den idealen Weg ist längst in vollem Gange. Am
       Donnerstag haben die Fraktionen von Union und FDP erstmals einen Entwurf
       dafür eingebracht. Wenn ein überschuldetes EU-Land ein Hilfsprogramm aus
       dem Rettungsschirm beantragt, soll der deutsche Vertreter erst zustimmen
       dürfen, wenn der Bundestag dies abgesegnet hat.
       
       Vor allem aber stärkt der Entwurf die Rechte des Haushaltsausschusses: Er
       soll Richtlinien des Rettungsschirms EFSF billigen, er redet mit, wenn
       Bedingungen für laufende EFSF-Programme geändert werden, er wird ständig
       über EFSF-Entscheidungen informiert. Es gibt gute Gründe dafür, dass der
       Entwurf dem Haushaltsausschuss mehr Macht gibt. Der wichtigste: Haushälter
       haben ihn geschrieben. Der Entwurf übernimmt 1:1 die Linie, die Norbert
       Barthle (CDU) und Otto Fricke (FDP) zusammen ausgearbeitet hatten. Beide
       sehen darin kein Problem, schließlich wacht der Haushaltsausschuss über das
       Budgetrecht des Parlaments.
       
       ## "Bewilligungsgremium ist sinnvoll"
       
       Doch dies ist in den eigenen Reihen umstritten. Gunther Krichbaum, CDU-Mann
       und Chef des Europaausschusses, wirbt für eine breitere Beteiligung. "Ein
       Bewilligungsgremium, in dem neben Haushältern auch Vertreter aus dem
       Europa-, Finanz- und Rechtsausschuss sitzen, ist sinnvoll." Ein solches
       Gremium könnte mit versammelter Expertise, aber auch schnell entscheiden,
       so Krichbaum. Mit Blick auf das riesige Programm, das der
       Haushaltsausschusses zu bewältigen hat, sagt er: "Grundsatzfragen darf man
       nicht routinemäßig oder zu nachtschlafender Zeit entscheiden."
       
       Ähnlich argumentiert die Opposition. Der europapolitische Sprecher der
       SPD-Fraktion, Michael Roth, sagt: "Das Verfahren berührt europapolitische
       Grundsätze. Man darf es nicht auf rein haushaltärische Fragen verengen,
       sondern muss den Sachverstand des Parlaments ausschöpfen." Die SPD-Fraktion
       werde deshalb ein "Sondergremium mit einer überschaubaren Zahl von
       Abgeordneten" fordern. Auch Grünen-Europaexperte Manuel Sarrazin sieht die
       Stärkung des Haushaltsausschusses als "Mindestvoraussetzung, über die man
       hinausgehen kann."
       
       Vor allem an einem Punkt wird sich der Streit entzünden: Der Entwurf lässt
       bisher offen, wie das Parlament mitredet, wenn der Rettungsschirm schnell
       und vertraulich entscheiden muss. Etwa, damit die Finanzmärkte bei
       Staatsanleihen-Käufen des Rettungsschirms nicht spekulieren können. Der
       Freidemokrat Hermann Otto Solms regte ebenfalls ein Gremium mit
       "handverlesenen Abgeordneten" an, weil er bezweifelt, dass der
       Haushaltsausschuss Geheimhaltung gewährleistet.
       
       Doch ob sich diese parteiübergreifende Kritik durchsetzt, ist offen. Die
       Fraktionsspitzen von Union und FDP haben sich hinter die Linie der
       Haushälter gestellt. Allein dass sie diese ins Parlament eingebracht haben,
       ist eine Festlegung. Zudem hatte das Verfassungsgericht in seinem Urteil
       zur Parlamentsbeteiligung am Mittwoch explizit auf den Haushaltsausschuss
       abgehoben. Beim Verhandlungspoker kommt es also darauf an, ob SPD und Grüne
       eine breitere Beteiligung zur Bedingung machen. Und wie wichtig der
       Koalition die Einbindung der Opposition ist.
       
       8 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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