# taz.de -- Nach Sturm auf Israels Botschaft in Kairo: Netanjahu bemüht um Deeskalation
       
       > Bei den Ausschreitungen gegen die israelische Botschaft in Kairo starben
       > drei Ägypter, rund 1.000 wurden verletzt. Nun versuchen sich Kairo wie
       > Jerusalem in Schadensbegrenzung.
       
 (IMG) Bild: Brennende Flagge vor der israelischen Botschaft in Kairo am Freitagabend zu Beginn der Ausschreitungen.
       
       KAIRO/TEL AVIV dpa/dapd | Nach dem Sturm auf die israelische Botschaft in
       Kairo wollen Ägypten und Israel eine weitere Eskalation der Spannungen
       vermeiden. Die ägyptische Regierung kündigte am Samstag hartes Durchgreifen
       gegen Demonstranten und einen besseren Schutz von diplomatischen
       Vertretungen an. Israel versicherte, den Friedensvertrag mit dem
       Nachbarland weiter einzuhalten. Bei den schweren Ausschreitungen gegen die
       israelische Botschaft waren in der Nacht zu Samstag drei Ägypter getötet
       und rund 1.000 weitere verletzt worden. Israelis kamen nicht zu Schaden.
       
       Nach der Randale in Kairo war Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
       am Samstag bemüht, die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen. Er dankte den
       ägyptischen Sicherheitskräften für die Rettung von israelischen Diplomaten
       und Sicherheitskräften. Der israelische Botschafter werde so rasch wie
       möglich wieder nach Kairo zurückkehren. Netanjahu verglich die politischen
       Umwälzungen in der arabischen Welt mit einem historischen Erdbeben. "Wir
       müssen ruhig und verantwortungsbewusst handeln", wandte sich Netanjahu in
       einer vom Fernsehen übertragenen Rede an seine Landsleute. "Wir werden den
       Frieden mit Ägypten beibehalten. Das ist im Interesse beider Staaten",
       sagte Netanjahu. Außerdem dankte der israelische Regierungschef den
       ägyptischen Sicherheitskräften für die Rettung von sechs Diplomaten. Damit
       hätten sie zweifellos eine Tragödie verhindert.
       
       Zuvor hatte der ägyptische Informationsminister Osama Haikal ein hartes
       Durchgreifen angekündigt. Die Behörden würden "alle Bestimmungen des
       Ausnahmezustandes anwenden". Der Ausnahmezustand gilt in Ägypten seit mehr
       als 30 Jahren. Unter anderen erlaubt er willkürliche Festnahmen und
       Schnellverfahren. Er wurde auch nach dem Sturz des Präsidenten Husni
       Mubarak am 11. Februar nicht aufgehoben.
       
       ## Ashton: "Bedauerlicher Vorfall"
       
       Während sich das US-Außenministerium tief besorgt nach dem Botschaftssturm
       äußerte, nahm die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton die ägyptischen
       Führung in die Pflicht. "Wir vertrauen darauf, dass dieser bedauerliche
       Vorfall ein einmaliges Ereignis war und dass die Behörden die notwendigen
       Maßnahmen ergreifen, um die Situation zu normalisieren", sagte Ashton in
       einer am Samstagabend in Brüssel verbreiteten Erklärung.
       
       Gewalttätige Demonstranten hatten in der Nacht zuvor die israelische
       Botschaft in Kairo gestürmt. Der israelische Botschafter und sein Personal
       mussten in Sicherheit gebracht werden. Sie verließen anschließend Ägypten.
       
       In Kairo kursierten am Samstag Gerüchte über einen Rücktritt der Regierung
       von Ministerpräsident Essam Scharaf, der sein Kabinett für Samstag zu einer
       Krisensitzung einberufen hatte. Die Polizei wurde in höchste
       Alarmbereitschaft versetzt. Scharaf steht einer Übergangsregierung vor; die
       eigentliche Macht liegt seit dem Sturz des Regimes von Husni Mubarak beim
       Militärrat.
       
       Seit Wochen ist es vor der israelischen Botschaft in Kairo immer wieder zu
       Protesten gekommen. Auslöser war der Tod von fünf ägyptischen
       Grenzpolizisten. Israelische Sicherheitskräfte hatten sie bei der
       Verfolgung mutmaßlicher palästinensischer Terroristen an der
       ägyptisch-israelischen Grenze vor drei Wochen erschossen. Erst nach
       erheblichem Drängen der ägyptischen Regierung gab es eine offizielle
       Entschuldigung Israels. Dennoch erhitzt der Streit mit Israel in Ägypten
       die Gemüter.
       
       ## Ägyptisches Sonderkommando im Einsatz
       
       Aufgebrachte Demonstranten lieferten sich in der Nacht zum Samstag vor der
       Botschaft massive Kämpfe mit der ägyptischen Polizei. Beamte wurden mit
       Trümmern einer niedergerissenen Schutzmauer beworfen, die Polizei setzte
       Tränengas ein. Mehrere Polizeifahrzeuge gingen in Flammen auf. Nach Angaben
       des Kairoer Gesundheitsministeriums wurden bei den Krawallen drei
       Demonstranten getötet. Außerdem seien 1049 Menschen verletzt worden,
       darunter 46 Polizisten und Soldaten.
       
       Die Demonstranten stürmten das Bürohochhaus, in dem die diplomatische
       Vertretung untergebracht ist. Sie steckten die israelische Fahne in Brand.
       Im Gebäude verschanzten sich sechs israelische Sicherheitsbeamte und
       Diplomaten. Sie hätten von einem ägyptischen Sonderkommando befreit werden
       müssen, berichtete ein ranghoher israelischer Regierungsvertreter der
       Nachrichtenagentur dpa. Wie Stunden zuvor Botschafter Jitzschak Levanon und
       Dutzende Diplomaten und andere Israelis wurden die sechs mit einer
       israelischen Militärmaschine in die Heimat geflogen.
       
       Ägypten kann - wie andere arabische Reformstaaten - auf weitere
       Milliardenhilfen beim demokratische Wandel bauen. Internationale
       Finanzinstitutionen wollen Ägypten, Tunesien, Marokko und Jordanien mit
       insgesamt 38 Milliarden Dollar unterstützen. Das erfuhr die Deutsche
       Presse-Agentur dpa in Marseille am Rande der Beratungen der
       G8-Finanzminister.
       
       11 Sep 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nach Sturm auf israelische Botschaft: Ausnahmezustand in Kairo
       
       Nach dem Angriff auf die israelische Botschaft in Kairo gehen die
       Demonstrationen weiter. Die Regierung schränkt das Demonstrationsrecht ein.
       
 (DIR) Kommentar Kairo: Ein Warnschuss
       
       Mit dem Sturm der israelischen Botschaft haben die arabischen Revolutionen
       Israel erreicht. Die Regierungen müssen den Schaden begrenzen.