# taz.de -- Singende peruanische Kulturministerin: Berlusconi in gut
       
       > Die peruanische Kulturministerin weilte am Dienstagabend in Berlin - und
       > sang. Die Verbindung zwischen Pop und Politik hat in Lateinamerika
       > Tradition.
       
 (IMG) Bild: Es gibt schlimmere Kombinationen von Pop und Politik: Susana Baca.
       
       Barfuß betritt die Ministerin die Bühne. Ein pfirsichroter, transparenter
       Umhang, den sie pittoresk um ihre Schultern wehen lässt, bedeckt ihr
       weißes, seidig schimmerndes Kleid. Ihre Ansagen macht sie in einem sanften,
       fast schüchternen Tonfall. Doch wenn sie zu singen beginnt, füllt ihre
       markante und ausdrucksstarke Stimme mühelos den Raum.
       
       Susana Baca ist die Botschafterin des schwarzen Perus, sie pflegt das
       musikalische Erbe der Nachfahren der afrikanischen Sklaven ihres Landes.
       Der 67-jährigen Sängerin kommt das Verdienst zu, die Musik dieser
       marginalisierten Minderheit aus den Armenvierteln Perus zur weltweiten
       Anerkennung verholfen zu haben: anspruchsvolle Andenfolklore ohne Panflöte.
       Nicht zuletzt deswegen hat sie der neue, linke peruanische Präsident
       Ollanta Humala, 47, jüngst zu seiner Kulturministerin ernannt - ein Schritt
       von großer Symbolkraft, denn damit ist sie die erste dunkelhäutige
       Ministerin in der Geschichte des Landes.
       
       Bei ihrem Konzert im Berliner Haus der Kulturen der Welt wiegt sich Susana
       Baca tänzelnd zu den sparsamen Rhythmen ihrer Begleitband wie eine okkulte
       Priesterin oder Zeremonienmeisterin. Eine Geige, eine Gitarre, ein
       sinistrer Bass und eine ganze Batterie von Congas und anderen
       Percussionsinstrumenten umrahmen ihren Auftritt. Ihre Lieder basieren auf
       komplexen Rhythmen, die traditionell auf Holzkisten - Cajones genannt -
       getrommelt werden, und sind von Call-and-Response-Mustern geprägt. Susana
       Baca hat dieses Genre kunstvoll für die Konzerthallen der Welt aufbereitet.
       Ihre minimalistischen Kompositionen vermögen dabei mit wenigen
       Pinselstrichen im Kopf ihrer Zuhörer eine ganze Landschaft zu erschaffen.
       Mal klingen ihre Balladen so ätherisch-verträumt, als würden die Töne wie
       Blütenblätter regnen, dann wieder stimmt sie zu forschen und kantigen
       Rhythmen einen raunenden, fast flehenden Klagegesang an. Ein bisschen
       Flamenco, ein Hauch von Jazz ist stets dabei, selbst wenn sie zu zarten
       Gitarrenklängen nur die Poeme peruanischer Dichter vorträgt.
       
       ## Feier des afrikanischen Kulturerbes
       
       Bei ihrem Auftritt in Berlin präsentiert sie vor allem ihr aktuelles Album
       "Afrodiaspora". Es ist eine Feier des afrikanischen Kulturerbes, das im
       Alltag und in der Küche, im Karneval und in den religiösen Kulten des
       Kontinents überall seine Spuren hinterlassen hat, und versammelt Lieder von
       Mexiko bis Brasilien. Doch Susana Baca hat die Stücke so gänzlich in ihren
       eigenen Stil eingefügt, dass es ihr sogar gelingt, aus dem abgedroschenen
       "Guantanamera"-Motiv neue Funken zu schlagen. Das Publikum lauscht ihr so
       andächtig, dass man das ganze Konzert über eine Haarnadel hätte zu Boden
       fallen hören.
       
       Doch als sich am Ende die ganze Band, jeder mit einem Schlaginstrument in
       der Hand, um den Mann an den Congas versammelt und ein wahres
       Percussionsgewitter entfesselt, reißt es das Publikum im Saal förmlich von
       den Rängen.
       
       Kann man sich vorstellen, dass hierzulande Herbert Grönemeyer oder Marianne
       Rosenberg das Kulturministerium anvertraut würde? Wohl kaum. Zwar gibt es
       in Europa Staatschefs wie Silvio Berlusconi, der seine Karriere als
       Schlagersänger auf Kreuzfahrtschiffen begann und vor drei Jahren eine CD
       mit Liebesliedern herausbrachte. Ansonsten aber überschneiden sich die
       Sphären von Popkultur und Politik eher selten - etwa wenn sich Gerhard
       Schröder oder Tony Blair ihrer Freundschaft mit prominenten Popstars rühmen
       oder, wie Nicolas Sarkozy, sogar eine Liaison eingehen.
       
       In Lateinamerika dagegen, wo Künstler besonders in Ehren gehalten werden,
       haben Musiker in der Politik fast schon Tradition. In Panama gründete der
       Salsa-Star Ruben Blades, inzwischen 63, sogar eine eigene Partei, mit der
       er 1994 antrat, von 2004 bis 2009 amtierte er dort als Tourismusminister.
       Und der brasilianische Rockmusiker Gilberto Gil, auch schon 69, wurde ins
       erste Kabinett des linken Regierungschefs Lula berufen, wo er bis 2008 als
       Kulturminister agierte.
       
       Nicht immer ist diese Verbindung allerdings glücklich. Gilberto Gil geriet
       in seinen letzten Amtsjahren in die Kritik, weil ihm nachgesagt wurde, sein
       Ministerium nicht im Griff zu haben. Bei Susana Baca wird diese Kritik
       schon nach zwei Monaten laut. Die Opposition stört sich daran, dass sie die
       Hälfte dieser Zeit bisher auf Konzertreisen unterwegs war, dabei warten in
       Peru drängende Probleme auf sie: die Nationalbibliothek wurde kürzlich
       geplündert, archäologische Stätten wie Machu Picchu wurden beschädigt.
       Außerdem, so der Vorwurf, bringe sie keinerlei Verwaltungserfahrung mit.
       Die brauchte sie am Dienstag nicht, nach ihrer Rückkehr wird Susana Baca
       solche Bedenken wohl zerstreuen müssen.
       
       21 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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