# taz.de -- Pantha du Prince in Berlin: Produktive Konfrontationen
       
       > Die Galerie als Club: Der House-Musiker Pantha Du Prince inszeniert ein
       > neues Pop-Kunst-Ding in Berlin. In Moabit und unter dem Titel "Kunst als
       > Klang".
       
 (IMG) Bild: Hendrik Weber alias Pantha du Prince nutzt die Berliner Gallerie in seinem Sinne.
       
       Ein mit schwarzen Stoffbahnen ausgekleideter, riesiger quadratischer Raum.
       Unmengen von Industrieschrott und Werkzeugen hängen als Skulptur von der
       Decke. Aus den Lautsprecherboxen darunter ergießen sich stramme Beats und
       Stimmen von fern.
       
       Eingesungen werden sie live von der französischen Technoproduzentin Chloé
       Thevenin. Die Pariser Musikerin steht vor einem Pult, ein Laptop vor sich,
       mit dem sie die Beats anklickt und ihre Stimmen in immer neue hallige
       Schlaufen legt. Über Chloé sind auf einer Leinwand repititive Filmbilder
       des visuellen Künstlers Transforma zu sehen.
       
       Eine maskierte Gestalt windet sich durch enge Gänge. Die Bilder geben dem
       stop and go der elektronischen Musik eine klaustrophobische Komponente. Man
       schaltet ständig zwischen Sounds und Bildern um, wird eingesogen von der
       Härte des Grooves, abgestoßen vom Stolpern der maskierten Gestalt, und
       blickt in das Gesicht einer konzentrierten Musikerin.
       
       Chloés Auftritt ist Teil von neun Versuchsanordnungen, die in der Galerie
       "Vittorio Manalese" im Berliner Stadtteil Moabit an drei Abenden unter dem
       Titel "Kunst als Klang" präsentiert werden. Kuratiert vom Berliner Musiker
       Pantha Du Prince, soll laut Pressemitteilung die "produktive Konfrontation
       von Avantgarde- und Clubmusik, die Gleichzeitigkeit von Experiment und
       Euphorie, Versuch und Verführung, Materialismus und Spekulation"
       herausgearbeitet werden.
       
       Chloés Gegenspieler ist am Dienstagabend die Krautrockband Faust, die vor
       ihrem Konzert erst einmal die Wände der Galerie mit einer Kreissäge
       bearbeitet und währenddessen neben ihren Instrumenten auch Schlagbohrer und
       Schneidbrenner einsetzt und Action-Painting auf einer Leinwand macht. Wo
       Chloé die Zuschauer durch ihre schlichte Performance-Situation auf Distanz
       hält, beziehen Faust das Publikum ein, gehen durch die Menge, adressieren
       Einzelne direkt.
       
       In guten Momenten klingen die Drone-Motive von Velvet Underground an. In
       schlechten Momenten wirken Faust wie untote Hippie-Klabautermänner, die auf
       der Bühne kaum an das Kauzige ihrer frühsiebziger Alben anknüpfen können.
       
       ## Die Kunst ist nicht käuflich, sondern flüchtig
       
       Vielleicht ließe sich ihre Performance als Inszenierung eines Happenings
       aus den Siebzigern begreifen. Der Laden jedenfalls ist voller als bei jeder
       Vernissage. Im Publikum internationale Hipster, dazwischen Anzugträger,
       Medienfuzzis und Frauen in Abendkleidern, deutlich schicker als
       durchschnittliche Konzertbesucher. "Kunst als Klang" nimmt in keinem Moment
       den kommerziellen Charakter eines Konzerts an. Die Kunst ist nicht
       käuflich, sondern flüchtig, und der Marktwert der Galerie wird dadurch
       nicht unbedingt gesteigert. Vielleicht gelingt ihr ja eine stärkere
       Anbindung an die Subkultur. Gelungen ist jedenfalls die spielerische
       Atmosphäre der Sounds und der Bilder, der Ausgang des Abends bleibt bis zum
       Schluss offen.
       
       Pantha Du Prince, bürgerlich Hendrik Weber, aus dem Umfeld des Hamburger
       Houselabels Dial, freut sich jedenfalls, dass er Räumlichkeiten und
       finanzielle Ressourcen der Berliner Galerie Contemporay Fine Arts in seinem
       Sinne nutzen kann. In Zeiten, in denen Popmusik dermaßen überpräsent ist
       und gleichzeitig rapide an Wert verloren hat, empfindet er den Ortswechsel
       in eine Galerie als befreiend.
       
       Zumal die drei Konzertabende als einmalige Veranstaltung konzipiert sind.
       Das Innere der Galerie, der Black Cube, wirkt an diesem Dienstagabend
       bewusstseinsverengend, die Dunkelheit schafft eine strenge, klare
       Perspektive, Augen und Ohren der meisten Zuschauer sind auf Bilder und
       Musik fokussiert. Dass sich die Kunstszene bei Pop bedient, ist schon lange
       keine Nachricht mehr wert.
       
       Mit "Kunst als Klang" geht Hendrik Weber den umgekehrten Weg. "Meine
       Elektronikmusik bedient sich ja seit 15 Jahren bei der Kunst", erklärt der
       36-Jährige, und wundert sich, dass das Magazin Monopol seinen Umkehrschluss
       im Interview gar nicht akzeptieren wollte. Webers Idee: Er möchte den
       magischen Moment einer Clubnacht in eine Galerie transzendieren.
       
       "Die Clubnacht ist für mich ein Idealzustand, weil das Erleben von Musik
       auf diesem demokratischen Level die Autorposition infrage stellt. Es ist
       simples Menschsein. Wer spielt gerade? Spielen da nicht gerade die
       Menschen, weil sie wollen, dass ich das spiele? Dieses Erlebnis von
       physischer Energie vieler Tänzerinnen und Tänzer ist mit keiner Form
       greifbar, man kann es nicht einfach als Ware umsetzen."
       
       Faust bombardieren die Zuschauer am Ende ihres Konzerts in kalter Rache mit
       DVDs.
       
       23 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julian Weber
       
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