# taz.de -- Selbständige in Armut: Von wegen Mittelstand
       
       > Immer mehr Selbstständige können von ihrem Einkommen nicht mehr leben.
       > Jeder Vierte verdiente 2010 weniger als 1.100 Euro netto. Insbesondere
       > Frauen sind betroffen.
       
 (IMG) Bild: Gute Einfälle schützen nicht vor Hartz IV: Besonders Menschen in kreativen Berufen müssen aufstocken.
       
       BERLIN taz | Berufliche Selbstständigkeit bedeutet nicht automatisch mehr
       Wohlstand. So heißt es in einer Studie des Instituts für
       Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn, dass sich die Zahl der sogenannten
       Aufstocker zwischen 2005 und 2010 verdreifacht habe. Selbstständige haben
       genauso wie Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, wenn ihr
       Einkommen nicht ausreicht, um den Grundbedarf zu decken. Ihre Einkünfte
       werden dann auf die Höhe der Grundsicherung inklusive Krankenversicherung
       "aufgestockt".
       
       Seit Januar 2005 lasse sich unter den Selbstständigen ein fast
       kontinuierlicher Anstieg dieser Aufstocker erkennen, heißt es in der
       Studie. Im März dieses Jahres habe die Zahl bei über 127.000 gelegen, das
       seien etwa 93.600 Personen mehr als noch im Jahr 2005. Die Gruppe der
       Selbstständigen habe deutlich an Gewicht gewonnen: Ihr Anteil an allen
       Aufstockern sei in den letzten fünf Jahren von etwa 4 Prozent auf mehr als
       das Doppelte gewachsen.
       
       Viele hätten sich in den vergangenen Jahren aus der Arbeitslosigkeit heraus
       selbstständig gemacht, sagt Eva May-Strobl, die Projektleiterin der Studie.
       Daher lasse sich ein gewisser Habitualisierungseffekt vermuten: "Man ist
       mit dem System vertraut und hat keine Scheu, Sozialleistungen in Anspruch
       zu nehmen, wenn man ein Recht darauf hat", sagt May-Strobl. Früher sei
       Sozialhilfe unter Selbstständigen eher mit einem Stigma belegt gewesen.
       
       ## Frauen, Einpersonunternehmen und kreative Berufe betroffen
       
       Positiv sieht May-Strobl, dass die Menschen von ihren Rechten Gebrauch
       machen. Aber "so bleiben auch Unternehmen auf dem Markt, die
       betriebswirtschaftlich nicht rentabel sind", gibt sie zu bedenken. Der
       Konkurrenzdruck auf andere Firmen, die sich am Existenzminimum bewegen,
       werde verstärkt - auch sie könnten so von der Grundsicherung abhängig
       werden.
       
       Die Situation von Arbeitnehmern und Selbstständigen im unteren
       Einkommensbereich lasse sich laut Studie nicht mehr wesentlich
       unterscheiden: Zwischen 2007 und 2010 sei die Aufstockerquote unter den
       Selbstständigen von 1,7 auf 2,9 Prozent, bei den Angestellten um 0,3
       Prozentpunkte auf 3,7 Prozent gestiegen.
       
       Zu den selbstständigen Geringverdienern gehörten vor allem Frauen,
       Einpersonenunternehmen sowie Selbstständige in kreativen Berufen. Mehr als
       ein Viertel der Selbstständigen verdienten 2010 weniger als 1.100 netto.
       Etwa 7 Prozent sogar weniger als 500 Euro.
       
       16 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cordula Sailer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Krebs
       
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