# taz.de -- Münchens gescheiterte Olympia-Bewerbung: Winterspiele-Werber wickeln sich ab
       
       > Nach der gescheiterten Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2018
       > scheint ein zweiter Anlauf nicht infrage zu kommen. Die
       > Bewerbergesellschaft macht dicht.
       
 (IMG) Bild: Tristes Ende: Werbebotschafterin Katharina Witt lächelt nicht mehr für Münchens Olympiabewerbung. Die wird jetzt abgewickelt.
       
       MÜNCHEN taz | Im Raum H 3.17 ist es still. Gespenstisch still. Nicht ein
       Ton dringt herein. Kein Wunder: Die Büros ringsum sind leer. Nicht weit vom
       Fenster hängt der Nebel wie Blei über dem Zeltdach des Olympiastadions. So
       muss sie aussehen, die Herbstdepression. Der Hausherr ist nebenan und kocht
       Kaffee für die Besucher. Sein Namensschild an der Tür hat sich vor ein paar
       Wochen geändert. Jetzt steht da: Jürgen Bühl, Liquidator.
       
       Für das triste Wetter kann Bühl natürlich nichts, und als er mit dem Kaffee
       wieder da ist, kann auch von Depression keine Rede sein. Vom
       Geschäftsführer ist Jürgen Bühl zum Liquidator der Bewerbungsgesellschaft
       München 2018 geworden. Er sagt: "In den letzten zwei, drei Jahren habe ich
       viele Dinge zum ersten Mal gemacht." Eine Gesellschaft abwickeln etwa.
       
       Im letzten verbliebenen Regal steht der Ordner, der den Anfang vom Ende
       dokumentiert. "Die Entscheidung 6.7." steht darauf. An diesem Tag bekam ein
       südkoreanisches Retortendorf den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele.
       Nicht München.
       
       Bühl erinnert sich: "Die ersten drei Wochen danach waren schon schwierig.
       Die meisten hatten ihr ganzes Leben darauf abgestellt. Da gab es wenig
       Freizeit, Familie, Freunde. Sondern nur 2018. Und wenn danach täglich ein
       Kollege sagt: ,Das ist heute mein letzter Tag' - das war nicht leicht."
       
       Bühl hat in den letzten Wochen viele Umzugskisten gesehen. "Zum Monatsende
       geht noch eine Kollegin, dann sind wir bis zum Schluss zu dritt: ich, der
       Finanzdirektor und ein Controller." Der Schluss: Er wird formal erst in
       einem Jahr erreicht sein.
       
       ## Bis zu achtzig Mitarbeiter
       
       Bühl erklärt: "Das Ende der Bewerbungsgesellschaft, also die Löschung im
       Handelsregister, wird voraussichtlich am 31. Oktober 2012 sein. Wenn eine
       Gesellschaft sich auflöst, sieht das Gesetz ein sogenanntes Sperrjahr vor,
       in dem potenzielle Gläubiger Ansprüche erheben können. Dieses Sperrjahr hat
       am 15. September 2011 begonnen. Wir gehen aber davon aus, dass wir Ende des
       Jahres die Gesellschaft so weit abgewickelt haben, dass im nächsten Jahr
       nicht mehr viel passiert. Wir werden sicherheitshalber ein Büro behalten,
       den Server runterfahren und unser Archiv dem städtischen Archiv übergeben.
       Dann wird es hier schon sehr ruhig werden."
       
       Siebzig bis achtzig Arbeitsplätze hatten die Olympia-Werber hier in der
       Hochzeit, 32 feste Mitarbeiter in der Schlussphase, dazu Dienstleister,
       Planungsleute, Öffentlichkeitsarbeiter plus Praktikanten. Viele von ihnen
       seien schnell in neuen Jobs untergekommen, meint Bühl, Bernhard Schwank sei
       zurück zum DOSB auf seine alte Position als Leistungssportdirektor. Er
       selbst ist bei der Stadt beurlaubt und kann dahin zurückkehren.
       
       Theoretisch könnte er in einem halben Jahr wieder in diesem Büro sitzen -
       falls sich München erneut bewirbt, für die Spiele 2022. Ob er noch mal
       dabei wäre? "Grundsätzlich: ja. Man lernt sehr viel in kurzer Zeit. Die
       Grundlagen sind weitgehend erarbeitet, konzeptionell würde viel stehen. Man
       müsste halt über eine Botschaft nachdenken."
       
       Die IOC-Entscheidung fällt 2015, anmelden müsste München seine Kandidatur
       bis September 2013. "Spätestens Mitte 2012 müsste man in der Vorbereitung
       sein", sagt Bühl, "unsere Gesellschafter wollen im ersten Quartal 2012
       entscheiden, was sie tun."
       
       Bis dahin: abwägen, wie es international aussieht: Wer sind die
       Sommerspielkandidaten für 2020? Wer bewirbt sich um den Winter 2022? Bühl
       sagt: "Bislang hat nur die Schweiz ein bisschen den Kopf rausgestreckt.
       Denver will unbedingt - kein unbedeutender Markt, vor allem im TV-Bereich.
       Doch das US-NOK ist zurückhaltend. Ich persönlich gehe davon aus, dass es
       eher in Richtung 2026 geht."
       
       ## Kaffeemaschinen werden online versteigert
       
       Doch nun muss er erst mal den Liquidator geben. "Ich erledige halt, was zu
       erledigen ist", sagt er. Bis Donnerstag wird Mobiliar und technisches
       Equipment der Bewerbungsgesellschaft online versteigert: Kaffeemaschinen,
       Dienstfahrräder, Aktenvernichter, Plotter, Flipcharts, Leitz-Ordner,
       insgesamt 500 Einzelposten.
       
       Anfang Dezember wird es noch eine kleinere Versteigerung geben. Bühls
       Schreibtisch ist ebenfalls in der Auktion. "Letzte Woche war die erste, die
       ein bisschen komisch war", erzählt Bühl, "da war ein Kollege in Urlaub und
       ich war drei Tage ganz allein. Das ist schon komisch, wenn man so gar keine
       Ansprache mehr hat."
       
       19 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Becker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
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