# taz.de -- Neue Regeln für den Rohstoffhandel: EU-Kommission will weniger Spekulation
       
       > Die EU-Kommission will den Rohstoff-Terminhandel begrenzen. Das soll
       > Preissteigerungen eindämmen. Ein viel zu kleiner Schritt, kritisieren
       > Finanzexperten.
       
 (IMG) Bild: Objekt der Spekulation: Rohstoffe wie Getreide werden an Warenbörsen gehandelt. Das will die EU nun einschränken.
       
       BERLIN taz | Nach der amerikanischen Terminmarktaufsicht hat auch die
       EU-Kommission ihre Pläne vorgestellt, die Spekulation mit Rohstoffen
       einzudämmen. Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier präsentierte am
       Donnerstag in Brüssel die überarbeitete Finanzmarktrichtlinie Mifid.
       
       Wichtigster Punkt: Künftig sollen die Mitgliedsländer zeitlich befristet
       Positionslimits für Rohstoffderivate verhängen können. Derivate sind
       Vereinbarungen, Weizen, Öl oder Silber zu einem bestimmten Zeitpunkt zu
       einem festgelegten Preis zu kaufen. Käufer und Verkäufer können sich so vor
       Preissprüngen schützen. Allerdings dienen Derivate inzwischen auch dazu,
       Wetten auf künftige Preise abzuschließen - und verstärken deren Auf und Ab.
       
       Nach Vorstellung Barniers soll die EU-Kommission oder die Aufsichtsbehörde
       eines Mitgliedsstaates die Menge an Derivaten, die ein Händler halten darf,
       für eine gewisse Zeit begrenzen dürfen. Und zwar unter anderem, um
       "Marktmissbrauch vorzubeugen" und "ordnungsgemäße Preisbildungen zu
       gewährleisten" - also um Spekulation zu verhindern. Zudem will der
       EU-Kommissar dem Rohstoffhandel mehr Transparenz verordnen.
       
       "Das ist ein zaghaftes Schrittchen nach vorne", kommentiert Reinhard
       Bütikofer von den Grünen im Europaparlament. Barnier sei offenbar dem Druck
       Großbritanniens gewichen, das sich gegen weitergehende Regulierungen
       gesträubt habe. Markus Henn von der Entwicklungsorganisation Weed stört,
       dass der Kommissionsvorschlag keine allgemeinen Verbote bestimmter
       Anlageformen ausspricht.
       
       Vor allem mit Indexfonds würden riesige Mengen Anlegergeld in die Märkte
       gepumpt. "Sie haben sich als schädlich erwiesen", so Henn. Die
       amerikanische Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission sei mit
       ihren Vorschlägen weiter gegangen, kritisiert Bütikofer.
       
       Die CFTC hatte am Dienstag einen neuen Regulierungsentwurf vorgelegt und
       damit die Finanzmarktreform - Dodd-Frank Act genannt - vom Juli 2010
       umgesetzt. Auch sie sieht Positionslimits für Öl, Getreide oder Metalle
       vor. Nicht mehr als 25 Prozent des physischen Angebots mit kurzfristiger
       Fälligkeit etwa an Weizen soll ein Händler halten dürfen. Anfang 2013
       sollen die neuen Regeln in Kraft treten.
       
       ## Klare Mehrheit für schärfere Regelm im EU-Parlament
       
       In Europa muss die Novellierung der Mifid jetzt Parlament und Rat
       passieren. Im EU-Parlament gebe es eine klare Mehrheit für schärfere
       Regeln, glaubt Bütikofer, Berichterstatter des Parlaments zur
       EU-Rohstoffstrategie. Wie sich der Rat verhalte, werde auch durch die
       öffentliche Meinung in den Mitgliedstaaten beeinflusst. Die sieht das
       Treiben auf den Rohstoffmärkten derzeit kritisch.
       
       Sogar Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ist offenbar ins Grübeln geraten.
       Nachdem die Verbraucherorganisation Foodwatch am Dienstag den Report "Die
       Hungermacher. Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten
       mit Lebensmitteln spekulieren" veröffentlicht hatte, hat Ackermann in einem
       Brief an die Organisation geschrieben, er teile die Betrübnis darüber, dass
       viele Menschen in Armut leben und Hunger leiden müssen. Die Bank werde den
       Bericht zu den Auswirkungen des Rohstoffhandels gründlich prüfen und
       entsprechende Konsequenzen ziehen.
       
       Die müssten schnell erfolgen, fordert Foodwatch, schließlich verantworte
       die Bank mit ihren Geschäften Hunger in armen Ländern. Die
       Regulierungsvorschläge Barniers findet die Organisation enttäuschend.
       Spekulation könne wirksam nur verhindert werden, wenn etwa Pensionsfonds,
       Versicherungen oder Stiftungsverwaltungen vom Rohstoffhandel ausgeschlossen
       würden. Es sei nicht ersichtlich, wozu sie Mais oder Öl kauften.
       
       20 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
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