# taz.de -- Flutkatastrophe in Thailand: Hamsterkäufe und Streitigkeiten
       
       > Thailand kämpft mit den schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten.
       > Die Regierung zeigt sich überfordert – und zankt sich mit der Opposition.
       
 (IMG) Bild: Sie hat ein knallweißes Styroporboot: Die Menschen in Pathum Thani können noch lächeln.
       
       BANGKOK taz | Vor den Häusern direkt am Khlong Prapa im Distrikt Bang Sue
       am nordwestlichen Rand von Bangkok ist noch alles nass. Hier sei das Wasser
       am Samstagmorgen über die Kanalmauern gestiegen, sagt eine Anwohnerin:
       "Alles war überschwemmt". Noch am Nachmittag waren die Menschen damit
       beschäftigt, Schlamm und Dreck wegzuräumen. Und sie wissen: Die Flut kann
       jederzeit wiederkommen. Die Pegel des Flusses Chao Phraya, der mitten durch
       Bangkok fließt, bleiben an etlichen Stellen gefährlich hoch.
       
       Während die inneren Bezirke der Hauptstadt bisher weitgehend trocken
       blieben, herrscht vor allem in den Vororten und benachbarten Provinzen
       Bangkoks "Land unter". Mit am schwersten betroffen sind die Provinzen
       Pathum Thani, Ayutthaya und Nonthaburi. Der Distrikt Bang Bua Thong sei
       fast zu 100 Prozent überflutet, so Nonthaburis Gouverneur Wichian
       Phuttiwinyu.
       
       Rund um die Uhr versuchen Einsatzkräfte und Militärs, tausende in ihren
       Häusern eingeschlossene Bewohner per Boot zu retten. Doch das Ganze geht
       nur mühsam voran, weil es nicht genug Boote gibt. Klar ist: Diese
       Flutkatastrophe, durch die schon mindestens 350 Menschen starben, gilt als
       die schlimmste seit 50 Jahren. Und Thailand kann sie nicht allein
       bewältigen.
       
       ## Bangkok öffnet die Schleusen
       
       Das musste denn auch die Regierung unter Premierministerin Yingluck
       Shinawatra einräumen – und gab damit mehr oder weniger zu, beim
       Krisenmanagement versagt zu haben. Letztlich rief Yingluck, sichtlich
       emotionalisiert, die Einwohner des rund Zwölf-Millionen-Molochs Bangkok
       dazu auf, ihre Habe in Sicherheit zu bringen und sich auf Evakuierungen
       einzustellen.
       
       Zuvor hatte die Regierungschefin angeordnet, die Schleusen nahe Bangkok zu
       öffnen. Damit wollte man erreichen, dass sich die Wassermassen nicht weiter
       stauen, sondern auf kontrollierte Weise durch die Hauptstadt fließen.
       Bisher funktioniert das nur bedingt: Mehrere Straßenzüge in verschiedenen
       Distrikten wurden bereits überflutet.
       
       Den offiziellen Beteuerungen, dass zumindest die Hauptstadt sicher sei,
       glaubte ohnehin kaum jemand. Nicht umsonst decken sich die Menschen
       weiterhin mit Trinkwasser, Reis und Inststandnudeln ein. Misstrauen und
       Frust spiegeln sich demnach auch in einer aktuellen Umfrage wider: Dort
       hatten 87 Prozent der Befragten erklärt, sie trauten den Angaben des von
       der Regierung etablierten "Flood Relief Operations Center" (FROC) nicht.
       
       ## Profilierung durch Kritik
       
       Yingluck, die bei den Wahlen von Anfang Juli mit einem Erdrutschsieg an die
       Macht kam, verliert in dieser Krise mehr und mehr an Beliebtheit. Der
       einstigen Geschäftsfrau, die zuvor keinerlei politische Erfahrung hatte,
       wird vor allem Führungsschwäche vorgeworfen.
       
       Die massive Kritik am Krisenmanagement der Regierung versuchte indes
       Bangkoks Gouverneur Sukhumbhand Paribatra für sich zu nutzen. Sukhumbhand,
       ein Angehöriger der Opposition, hatte zwischenzeitlich erklärt, die
       Bewohner Bangkoks sollten ausschließlich auf ihn hören.
       
       Das brachte ihm einen Rüffel der beiden großen englischsprachigen
       Tageszeitungen in Thailand ein, die ansonsten eher dafür bekannt sind, an
       der jetzigen Regierung kein gutes Haar zu lassen. Ein Kommentator merkte
       süffisant an, Bangkok sei nicht Sukhumbhands persönliches Spielzeug.
       Politisches Gezänk aber sei das Letzte, was Thailand momentan gebrauchen
       könne, monieren die Kritiker.
       
       ## Notstand kommt nicht in Frage
       
       Oppositionsführer Abhisit Vejjajiva, der im Juli haushoch gegen Yingluck
       verloren hatte, forderte die Regierung gar auf, den Notstand zu verhängen.
       Dieser würde der Armee weitreichende Kompetenzen verleihen, die
       Flutkatastrophe effektiver zu bekämpfen, so die Begründung.
       
       Das aber kommt für die Premierministerin bislang nicht in Frage:
       Schließlich war es das Militär, das Yinglucks Bruder Thaksin 2006 aus dem
       Amt geputscht hatte. Und zwischen ihrer Regierung und der Armee herrscht
       ohnehin ein eher brüchiger Burgfriede.
       
       Führungsschwäche aber mochte sich Yingluck dennoch nicht länger nachsagen
       lassen: Am Freitag aktivierte sie ein Gesetz, welches ihr Oberhoheit über
       den nationalen Katastrophenschutz sichert und Bangkoks Gouverneur
       Sukhumbhand zur Randfigur verdammt.
       
       22 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
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