# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Loden-Kalles visionärer Blick
       
       > Verfolger Dortmund ist heuer der einzige ernsthafte Rivale der Bayern.
       > Aber den Draufgänger-Nimbus des Vorjahrs haben sie verloren.
       
       Ursprünglich war das Gerät ja nur für die anderen gedacht. Mit dem
       Fernglas, so formulierte einst Uli Hoeneß seine Stammtisch-Vision, sollten
       die Bundesligarivalen vorne in der Tabelle nach seinem FC Bayern Ausschau
       halten. Vor zwei Wochen nahm aber Karl-Heinz Rummenigge, der honorige
       Vorstandsvorsitzende der Münchner, den Feldstecher selbst zur Hand.
       
       Ein Reporter hatte Rummenigge um Beistand gebeten, mit bloßem Auge konnte
       er hinter den konkurrenzlosen Bayern partout niemanden erkennen.
       Rummenigge, in seinem geliebten Lodenmantel eh wie ein Mann von der
       Forstaufsicht gekleidet, stellte freundlicherweise sein Visier scharf,
       blickte zurück und gab zu Protokoll, nur einen einzigen ernst zu nehmenden
       Rivalen zu sehen - Borussia Dortmund.
       
       So mancher war ob dieser Antwort gewiss bass erstaunt. Hatte doch das Team
       von Jürgen Klopp in der noch so jungen Saison bereits durch zwei Krisen
       Schaden genommen: In der Bundesliga sprach man euphemistisch von der
       Ergebniskrise.
       
       In der Champions League plagen die Dortmunder ähnliche Probleme, die aber
       aufgrund ihrer unumkehrbaren Auswirkungen treffender mit dem Wort
       "Vollkrise" beschrieben sind. Vergangenen Mittwoch erklärte der Boulevard
       die Borussia nach seiner Niederlage bei Olympiakos Piräus gar zur
       nationalen Schande (Bild: "Herr Klopp, warum blamiert Dortmund uns so?").
       
       Allerdings haben sich die Dortmunder im nationalen Spielbetrieb
       stabilisiert. Und spätestens am Samstag war es in aller Deutlichkeit zu
       sehen: Die Art und Weise, wie die Borussia den 1. FC Köln auseinandernahm,
       hatte für sich genommen durchaus meisterliche Züge. Neven Subotic
       behauptete, ein solches Ungleichgewicht bislang nur auf der Playstation
       erlebt zu haben.
       
       Doch anders als bei den einseitigen Triumphen des FC Bayern versuchten die
       Interpreten dieses Spiels, das krasse Ungleichgewicht nicht mit der
       Dortmunder Dominanz zu erklären. Vielmehr fragten sich alle besorgt: Was
       ist nur mit dem 1. FC Köln los? Das ist der Unterschied zur Vorsaison: Die
       Überlegenheit der Dortmunder lässt sich nicht mehr zufriedenstellend aus
       sich selbst erklären. Sie wirkt nicht mehr so authentisch.
       
       Dabei ist das Team von Jürgen Klopp spielerisch gar nicht so weit vom
       Niveau der vergangenen Saison entfernt. Nur haben sie ihren Nimbus der
       unwiderstehlichen Draufgänger verloren. Dauerhaften Schrecken verbreitet
       ausschließlich der FC Bayern, den Dortmundern gelingt dies nur
       gelegentlich.
       
       Das reicht zumindest, um von Rummenigge noch wahrgenommen zu werden. Den
       VfB Stuttgart, Werder Bremen und Mönchengladbach etwa, die alle mit 17
       Punkten auf den Verfolgerrängen lauern, konnte der Vorstandschef des FC
       Bayern beim Blick durchs Fernglas schon nicht mehr als Titelrivalen
       identifizieren. Kein Wunder. Denen sitzt noch der Schrecken des
       Abstiegskampfes aus der Vorsaison in den Knochen.
       
       23 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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