# taz.de -- Kommentar Atomlobby: Warum wir's ganz genau wissen wollen
       
       > Die Dokumente der Atomlobby, die die taz veröffentlicht, ermöglichen es,
       > ganz genau nachzuvollziehen, wie der Polit-PR-Betrieb funktioniert.
       
       Generalstabsmäßig eine Kampagne planen, um vor dem Bundestagswahlkampf den
       Boden für lukrative Gesetze zu bereiten - das mag im vorliegenden Fall der
       Laufzeiten für Atomkraftwerke die Anti-Atom-Leute empören. Immerhin wurde
       2009 die Stimmung in der Bevölkerung so weit bearbeitet, dass die neue
       Bundesregierung aus Union und FDP die Laufzeiten der deutschen AKWs
       deutlich verlängern konnte.
       
       Doch im Nachweis, dass es eine solche Kampagne gegeben hat, liegt gar nicht
       in erster Linie der Wert der nun veröffentlichten Recherche. Wertvoll wird
       sie vor allem durch die darin enthaltene demokratiepraktische Komponente.
       
       Lobby gehört zur Demokratie, und jeder weiß, dass eine Großbranche wie die
       der Energieversorger auf allen Ebenen für ihren Vorteil arbeitet. Nun hat
       man es aber einmal genau: Wer genau wird in Marsch gesetzt für das
       öffentliche Armdrücken, wer plant wann, wie teuer ist so etwas.
       
       Die Sache geht also vom verschwörungstheoretisch angehauchten
       Allgemeinwissen in den schönen Bereich des konkret Belegten über. Man kann
       zitieren, nachbohren und hat Beobachtungskriterien für ähnliche Themen in
       der Zukunft. Es ist sehr nützlich, Punkt für Punkt zu erfahren, wie der
       Polit-PR-Betrieb funktioniert und wer auf welcher Seite steht.
       
       Es gibt noch viele Bereiche, wo wir gern konkreter wissen würden, ob und
       wie dort Stimmungen beeinflusst wurden. Immerhin hat die Atomindustrie mit
       ein paar lumpigen Millionen Euro Kampagnengeld milliardenschwere
       Vergünstigungen für sich herausgeholt. Da braucht es noch allerhand
       Enthüllungen, um solche Attacken schwieriger zu machen.
       
       Ein Tröstliches zeigt die Laufzeitverlängerung allerdings auch: Die
       Lobbyarbeit wirkte 2008/2009, weil die Bevölkerung verunsichert war, ob nun
       Treibhauseffekt oder AKW das kleinere Übel wäre. Mit der Atomkatastrophe in
       Japan kippte die Stimmung so schnell, dass die Regierung unter dem großen
       Druck die Laufzeiten dramatisch verkürzte. Die Tatsachen waren stärker als
       jede PR-Kampagne.
       
       28 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Metzger
       
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