# taz.de -- Barrikaden im Nordkosovo: "Der Dialog geht bald weiter"
       
       > Der Chefunterhändler der serbischen Regierung in Belgrad, Borko
       > Stefanovic, über die Bedingungen zur Rückkehr an den Verhandlungstisch.
       
 (IMG) Bild: Angespannte Stimmung an den Barrikaden im Nordkosovo.
       
       taz: Herr Stefanovic, Sie haben den Dialog mit Prishtina abgebrochen, als
       kosovarische Zöllner an zwei Grenzposten im Nordkosovo eingesetzt wurden
       und Serben Barrikaden errichteten. Doch der weitere Dialog ist
       Voraussetzung dafür, dass Serbien im Dezember den EU-Kandidatenstatus
       erhält. Unter welchen Bedingungen verhandeln Sie weiter? 
       
       Borko Stefanovic: Wir haben die Gespräche auf Eis gelegt, als die KFOR auf
       Bürger im Kosovo schoss, die ein legitimes Recht hatten, Straßensperren
       aufzurichten. In der Situation konnten wir uns wirklich nicht über
       Telekommunikation oder andere technische Fragen unterhalten.
       
       Ich erwarte aber, dass der Dialog in Kürze wieder aufgenommen wird. Wir
       reden mit den Vertretern der EU und USA über einen Kompromiss, der den
       Personen- und Warenverkehr an den umstrittenen Übergängen Jarinje und
       Brnjak regeln soll. Sobald sich eine Lösung abzeichnet, setzen wir den
       Dialog fort.
       
       Die kosovarischen Zöllner können also doch an den Grenzübergängen bleiben? 
       
       Sie sind schon da. Unsere Aufgabe ist es, eine Lösung für diese Situation
       zu finden. Das von der Regierung in Pristina zu verantwortende Problem ist
       nicht nur, dass sie die Zöllner an die Übergänge brachte, sondern dass sie
       eine einseitige Lösung aufdrängte und sich nicht auf Verhandlungen
       einlassen wollte.
       
       Mit der Unterstützung der KFOR und der Eulex. 
       
       Ja. Aber nun müssen wir eine bessere Lösung finden. Unser Ziel ist es, die
       Besonderheit dieser zwei Übergänge zu bestätigen und zu erhalten. Der
       Norden des Kosovo hat längst seine Besonderheit bewiesen, dort lebt eine
       kompakte serbische Gemeinschaft. Sie erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo
       nicht an und will sich den kosovarischen Institutionen nicht unterstellen.
       Die Aufgabe des serbischen Staates ist es, die legitimen Interessen dieser
       Gemeinschaft zu unterstützen - im Rahmen friedlicher demokratischer
       Prozesse. Schwarzweiß-Lösungen sind nicht möglich.
       
       Für einige Staaten wie Deutschland ist der EU-Kandidatenstatus Serbiens
       auch mit der Bedingung verbunden, dass serbische Parallelstrukturen im
       Nordkosovo aufgelöst werden. Ist das für Serbien akzeptabel? 
       
       Natürlich ist das inakzeptabel.
       
       Und wenn das auch gegen den Willen Serbiens geschieht? 
       
       Das könnte nur durch den Einsatz von Gewalt geschehen. Und wenn Sie etwas
       mit Gewalt aufdrängen wollen, ist das langfristig unhaltbar. Die Geschichte
       im Kosovo lehrt das. Auch die internationale Gemeinschaft weiß, dass man
       den Willen der Serben, die mehrheitlich in den Gemeinden im Nordkosovo
       leben, nicht einfach ignorieren kann.
       
       Was soll man auch machen? Kosovarische Richter täglich mit Hubschraubern
       nach Mitrovica bringen, wie man es jetzt mit kosovarischen Zöllnern tut?
       Alle Machtstrukturen im Nordkosovo - der Exekutive wie der Judikative -
       sollen Staatsorgane der Republik Serbien oder der lokalen Serben sein, und
       darüber muss verhandelt werden.
       
       Hat Belgrad überhaupt noch Einfluss auf politische Vertreter der
       Kosovo-Serben? 
       
       Das Volk dort hört darauf, was ihm sein Mutterland zu sagen hat. Einige
       politische Serbenführer im Kosovo haben jedoch offenbar den Realitätssinn
       verloren und stellen weltfremde Bedingungen.
       
       1 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrej Invanji
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kanzlerbesuch im Kosovo: Merkel fordert in Prishtina Reformen
       
       Angela Merkel mahnt bei ihrem Treffen mit Kosovos Premier Thaci: Der
       Rechtsstaat müsse entwickelt, eine Lösung des Grenzkonflikts mit Serbien
       gefunden werden.
       
 (DIR) Serbien und EU: Merkel wird zu neuem Feindbild
       
       Am Freitag wird auf dem Gipfel in Brüssel über Serbiens Kandidatenstatus
       entschieden. Berlin blockiert. Das weckt bei den Serben alte Ressentiments.
       
 (DIR) Zusammenstöße im Nordkosovo: Serbien beschuldigt deutsche Soldaten
       
       Bei Zusammenstößen im Kosovo wurden am Montag mindestens 30 Serben
       verletzt. Der serbische Staatssekretär erhebt schwere Beschuldigungen gegen
       die deutschen Soldaten.
       
 (DIR) Barrikade im Nordkosovo geräumt: Zwei KFOR-Soldaten verletzt
       
       Bei der Räumung einer Straßensperre im Nordkosovo wurden zwei KFOR-Soldaten
       angeschossen. 30 Serben erlitten Verletzungen durch Tränengas und
       Gummigeschosse.
       
 (DIR) KFOR räumt serbische Barrikaden: Katz-und-Maus-Spiel im Kosovo
       
       Die internationale Friedenstruppe KFOR räumt serbische Barrikaden im Norden
       des Kosovo. Die Kosovo-Serben fühlen sich überrumpelt und sprechen von
       Zwangsintegration.
       
 (DIR) EU-Kandidatenstatus für Serbien: Keine Freude über den Trostpreis der EU
       
       Die Aussicht auf auf eine Annäherung an Europa wird in Belgrad mit
       Zurückhaltung aufgenommen. Die Bedingungen hinsichtlich des Kosovo
       empfinden viele als Demütigung.
       
 (DIR) EU-Erweiterungsbericht vorgelegt: Gute Noten für Serbien und Montenegro
       
       Die EU verleiht Serbien Kandidaten-Status, mit Montenegro soll jetzt über
       den Beitritt verhandelt werden. Die Verhandlungen mit der Türkei bleiben
       "schwierig".
       
 (DIR) Grenzkonflikt im Kosovo: Schießen statt reden
       
       Die Gespräche zur zukünftigen kosovarisch-serbischen Grenzregelung sind
       nach den jüngsten Zusammenstößen von Serben und KFOR-Truppen vertagt
       worden.
       
 (DIR) Kommentar Kosovo: Recht muss etabliert werden
       
       Im Norden des Kosovo regiert die Mafia. Ein souveräner Staat funktioniert
       aber nur, wenn Rechtsstaatlichkeit im ganzen Land hergestellt wird.