# taz.de -- Anonymous in Mexiko: Hacker im Krieg mit Drogenkartell
       
       > Weil das Kartell "Los Zetas" einen Netzaktivisten weiter als Geisel
       > festhält, hat Anonymous México seine Drohung wahrgemacht und ein
       > angebliches Kartellmitglied geoutet.
       
 (IMG) Bild: Die jüngste Anonymous-Botschaft an das Drogenkartell Los Zetas.
       
       Wer derzeit auf die Webseite des mexikanischen Juristen Gustavo Rosario
       Torres gehen will, kommt nicht weit. „Gustavo Rosario ist ein Zeta“, heißt
       es da. Gezeichnet: „Anonymous México“. Weiterklicken nicht möglich. Die
       Seite wurde gehackt. Das international agierende Hacker-Kollektiv Anonymous
       ließ damit am Wochenende seinen Ankündigungen Taten folgen. Nachdem das
       mexikanische Kartell „Los Zetas“ Anfang Oktober einen Mitarbeiter der
       Gruppe während einer Protestaktion im Bundesstaat Veracruz entführt hatte,
       drohten die Netzaktivisten in einem Film auf Youtube: Sollten die
       Kriminellen den Entführten nicht bis zum 5. November freilassen, werde man
       die Namen von Mitgliedern und Kollaborateuren der Zetas veröffentlichen.
       
       Mit dem Angriff auf die Website von Rosario wollten die Hacker nun offenbar
       kurz vor Ablauf der Frist klarstellen, dass sie es ernst meinen – und
       erklärten damit dem wohl brutalsten Kartell Mexikos den Krieg.
       
       „Es war ein großer Fehler von euch, einen von uns zu entführen. Lasst ihn
       frei!“ fordert ein mit einer Maske geschützter Anonymous-Sprecher in dem
       Video, das kurz nach der Entführung veröffentlicht worden war. Für den
       Fall, dass die Zetas dem nicht nachkommen, werde man die Namen von
       Taxifahrern, Polizisten, Politikern und Journalisten veröffentlichen, die
       mit dem Kartell zusammenarbeiten.
       
       Man könne sich zwar nicht mit Waffen verteidigen, aber kenne ihre Häuser,
       Bars und Autos. „Wir wissen, wer sie sind und wo sie sich befinden,“ stellt
       der Maskierte klar. Um die Drohung zu untermauern, zeigt der Film die
       Sprengung mehrerer Gebäude.
       
       ## Rosarios Nennung beweist wenig
       
       Ob Anonymous México tatsächlich viele Informationen über die Zetas hat, ist
       natürlich unklar. Die Nennung Rosarios, der bis 2008 Oberster Staatsanwalt
       des Bundesstaats Tabasco war und nun den dortigen Landespräsidenten berät,
       beweist jedenfalls wenig. Zahlreiche Medien warfen dem Juristen vor, das
       Kartell zu schützen.
       
       Doch bislang machten die Hacker, die anonym und ohne öffentlichen Sprecher
       agieren, ihre Drohungen durchaus wahr. Etwa, als sie die Daten von 1.500
       Besuchern der Kinderporno-Seite Lolita City publizierten. Mike Vigil,
       ehemals Chef der US-Antidrogenbehörde DEA, geht davon aus, dass auch die
       jetzige Ankündigung ernst zu nehmen ist. „Das ist ein mutiger Schritt,“
       erklärte er. Durch die Veröffentlichung der Namen würden die Zetas auch von
       ihren Rivalen identifiziert. „Und die würden sie auf jeden Fall verfolgen.“
       
       Deshalb befürchtet die politikwissenschaftliche US-Agentur Stratfor, dass
       durch die weitere Publikation von Namen die Gewalt zunehmen würde. „Wenn
       Anonymous seine Drohung umsetzt, führt das sicher dazu, dass die genannten
       Kollaborateure der Kartelle umgebracht werden, unabhängig davon, ob die
       Informationen stimmen oder nicht,“ heißt es in einer Analyse des Instituts.
       Das zeige, so der Stratfor-Mitarbeiter Fred Burton, „welcher Schaden durch
       eine einzige Behauptung im Netz hervorgerufen werden kann“.
       
       ## Drohung auch per Twitter
       
       Tatsächlich ist etwa die Preisgabe der Namen von Journalisten ein gewagtes
       Spiel, denn in den von den Kriminellen kontrollierten Regionen stehen viele
       von ihnen unter dem ständigen Druck der Mafia. Wer im falschen Moment
       Falsches über ein Kartell schreibt, kann am nächsten Morgen tot sein.
       
       Besonders gefährlich leben jetzt allerdings die Aktivistinnen und
       Aktivisten des Anonymous-Kollektivs. Die Zetas sind dafür bekannt, dass sie
       sehr gewalttätig vorgehen. Die Gruppe setzt sich aus ehemaligen
       Elitesoldaten zusammen, fast täglich sterben Menschen durch deren Kugeln.
       
       Dass die Hacker dennoch so offensiv gegen das Kartell auftreten, ist
       ungewöhnlich, über die Brutalität der Bande dürften auch sie sich keine
       Illusionen machen. Anonymous hatte den Zetas jüngst auch über seinen
       offiziellen Twitter-Account gedroht: „Hallo mexikanische Drogenkartelle.
       Wir vergessen Nuevo Laredo nicht.“
       
       In der nordmexikanischen Stadt war Ende September die Bloggerin María
       Macías Castro ermordet aufgefunden worden, neben ihr lagen zwei Tastaturen,
       ein CD-Player und mehrere Kabel. Und ein Brief mit Grüßen von „ZZZZ“, einem
       Pseudonym der Zetas. Auch Macías Castro hatte ihre Berichte anonym ins Netz
       gestellt.
       
       1 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf-Dieter Vogel
       
       ## TAGS
       
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