# taz.de -- Kommentar Berlusconi: Unterschätzt ihn nicht!
       
       > Schon vor einem Jahr drohte Berlusconi der politische Untergang - er
       > konnte sich retten. Auch diesmal ist für ihn noch nicht alles verloren.
       
 (IMG) Bild: Mario Monti könnte der Nachfolger von Berlusconi werden.
       
       Das ist wohl nur in Italien, nur in Berlusconi-Land möglich: Der Premier
       hat keine parlamentarische Mehrheit mehr, er hat die Partie verloren – doch
       das Spiel wird noch nicht abgepfiffen.
       
       Stattdessen geht es in die Verlängerung, darf Berlusconi noch ein paar
       Wochen weitermachen. Dafür gibt es einen unabweisbaren Grund. Beide Häuser
       des Parlamentes müssen erst das Stabilitätsgesetz verabschieden, in der
       Hoffnung, so die Spekulation gegen das Land zu stoppen.
       
       Doch erinnern wir uns: Schon vor einem Jahr sah Italien die gleiche
       politische Konstellation. Berlusconi hatte die Mehrheit im Abgeordnetenhaus
       verloren, nachdem Gianfranco Fini samt seinen Anhängern mit ihm gebrochen
       hatte. Das Misstrauensvotum war eigentlich nur noch Formsache, doch
       Berlusconi bekam einen Monat Gnadenfrist, um noch den Staatshaushalt
       verabschieden zu können – schließlich mussten "die Märkte" ruhig gehalten
       werden.
       
       Der Regierungschef nutzte damals diesen Monat, um sich eine neue Mehrheit
       zusammenzukaufen – plötzlich stand der Verlierer erneut als Sieger da. Auch
       jetzt ist zu erwarten, ist zu befürchten, dass es Berlusconi nur
       vordergründig um die Stabilität Italiens geht, dass er vor allem erneut
       versuchen wird, in letzter Sekunde seine Haut zu retten.
       
       Sein erstes Ziel ist offenkundig, jede politische Alternativlösung zu
       durchkreuzen, vorneweg die einer Übergangsregierung "der nationalen
       Rettung" unter Ex-EU-Kommissar Mario Monti. Dann schon lieber Neuwahlen,
       mit einem von Berlusconi ausgesuchten Kandidaten. Oder gar ein weiterer
       Versuch, eine neue Mehrheit zusammenzukratzen – völlig unrealistisch ist
       das nicht, denn dutzende Hinterbänkler fürchten einen schnellen Urnengang,
       bei dem sie nicht wieder aufgestellt würden.
       
       Doch eines ist völlig anders als letztes Jahr. Diesmal stimmen "die Märkte"
       mit – am Dienstag kletterte der Spread gegenüber Deutschland auf den neuen
       Rekordwert von 500 Punkten, waren fast schon 7 Prozent Zinsen auf
       italienische Staatsanleihen fällig. Und weder die Märkte noch Europas
       Regierungen noch EU-Kommission und IWF werden tatenlos zuschauen, wenn
       Italiens Situation sich weiter dramatisch zuspitzen sollte.
       
       Ein politisches Überleben Berlusconis erscheint deshalb höchst
       unwahrscheinlich – doch ein gangbarer Ausweg aus der politischen Krise und
       damit aus der Vertrauenskrise Italiens muss erst noch gefunden werden.
       
       9 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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