# taz.de -- Wirtschaftsprognose der EU-Kommission: Brüssel warnt vor Rezession
       
       > Europas Wachstum stagniert, Griechenland steht vor dem Kollaps. Gleich
       > fünf Ländern drohen Sanktionen wegen einer zu hohen Staatsverschuldung.
       
 (IMG) Bild: Ihm sitzt die nächste Krise schon im Nacken: EU-Finanzkommissar Olli Rehn.
       
       BRÜSSEL taz | Der EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte Donnerstag in
       Brüssel nur schlechte Nachrichten zu vermelden. "Das Wachstum in der EU ist
       zum Stillstand gekommen. Es besteht das Risiko einer erneuten Rezession",
       sagte er bei der Vorstellung der Konjunkturaussichten für die kommenden
       zwei Jahre.
       
       Er rechnet damit, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr stagniert, nach
       einem moderaten Wachstum von rund 1,6 Prozent in diesem Jahr. Für die
       gesamte Union hofft die Brüsseler Behörde für 2012 auf ein
       Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent, für die Eurozone sagen die Experten
       sogar nur 0,5 Prozent voraus. Auch 2013 sieht es mit 1,5 beziehungsweise
       1,3 Prozent nicht viel besser aus.
       
       Für Deutschland rechnet die EU-Kommission mit einem Wachstum für 2012 von
       0,8 und für 2013 von 1,5 Prozent. Und selbst dieses bescheidene Wachstum
       sei keineswegs sicher, sagte Olli Rehn: "Die Wirtschaft kann sich nur
       erholen, wenn das Vertrauen wiederhergestellt wird – vor allem durch
       entsprechende Maßnahmen, die Staatsschulden in der EU abzubauen."
       
       Besonders gefährlich sieht es in Griechenland aus. Wenn die Hilfe aus den
       übrigen Euroländern dort nicht funktioniere, werde die Verschuldung 2012
       knapp 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen, schätzt die
       EU-Kommission. Das wäre mehr als das Dreifache der in der Eurozone
       erlaubten Grenze von höchstens 60 Prozent der Wirtschaftsleistung.
       
       ## Schuldenstand von 90 Prozent
       
       Für die gesamte Eurozone rechnet Rehn mit einem Schuldenstand von rund 90
       Prozent. Rehn mahnte die von der Schuldenkrise betroffenen Staaten, die
       vereinbarten Reformen schnell umzusetzen. Vor allem Italien müsse handeln,
       sagte der Kommissar. Auch die Europäische Zentralbank forderte in ihrem
       Monatsbericht die EU-Staaten auf, die notwendigen Strukturreformen zeitnah
       durchzuführen.
       
       Belgien, Zypern, Ungarn, Malta und Polen müssen im kommenden Jahr ihren
       Staatshaushalt in Ordnung bringen und ihr Defizit unter die von der EU
       vorgeschriebene Drei-Prozent-Grenze zurückfahren. In Belgien rechnet die
       Kommission beispielsweise mit 4,5 Prozent. Die betroffenen Länder sind
       bereits verwarnt worden und die EU-Kommission wird in den kommenden Wochen
       prüfen, ob Sanktionen notwendig sind.
       
       Italien wird laut Prognose in die Rezession rutschen. Für das vierte
       Quartal geht die EU-Kommission davon aus, dass die Wirtschaft um 0,2
       Prozent schrumpfen wird. Auch Griechenland wird wohl 2012 nicht aus der
       Rezession herauskommen.
       
       Die Schuldenkrise bremst das Wachstum und führt auch dazu, dass die
       Arbeitslosigkeit in der EU nicht zurückgehen wird. Rehn befürchtet, dass
       sie im kommenden Jahr sogar leicht steigen könnte, und zwar auf 9,8
       Prozent.
       
       10 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
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