# taz.de -- Kampf um den NPD-Vorsitz: Apfel fällt nicht weit vom Stamm
       
       > Bleibt Udo Voigt NPD-Chef oder beerbt ihn Holger Apfel? Das soll am
       > Wochenende in Neuruppin entschieden werden. Um Ideologie geht es nicht,
       > bloß ums Image.
       
 (IMG) Bild: Da passte noch kein Blatt Papier zwischen die beiden. Apfel (l.) und Voigt nach dem erfolgreichen Einzug der NPD in den sächsischen Landtag 2004.
       
       Am Wochenende entscheidet sich auf dem NPD-Parteitag der Streit darum, wer
       die rechtsextreme Partei künftig führen wird: Udo Voigt, ihr bisheriger,
       langjähriger Bundesvorsitzender, oder der sächsische
       NPD-Landtagsfraktionschef Holger Apfel. Udo Pastörs, der der
       Landtagsfraktion der Partei in Mecklenburg-Vorpommern vorsteht, ist sich
       sicher, dass Apfel Voigt beerben wird: "Ich bin davon überzeugt, dass die
       Delegierten erkennen werden, dass es ein 'weiter so' mit Udo Voigt nicht
       geben darf".
       
       Der Parteitag findet in Neuruppin statt. Erfolglos hatte die Kommune sich
       in einem Rechtsstreit dagegen gewehrt. Nun darf die rund 6.800 Mitglieder
       starke NPD im "Kulturhaus Stadtgarten" der Fontanestadt tagen.
       
       Für reichlich Ärger auf dem Parteitag ist gesorgt, denn seit Wochen schon
       wird innerhalb der NPD über die beiden Kandidaten für den Chefposten
       gestritten. Und damit auch über den jeweils mit Apfel oder Voigt
       verbundenen politischen Kurs. Der Zoff geht dabei quer durch die Reihen der
       Rechtsextremen. Unter den offen militanten Kadern gibt es sowohl Apfel- als
       auch Voigt-Anhänger. Und dasselbe gilt auch für den Flügel vermeintlich
       moderater Aktivisten.
       
       Ein Forum für den parteiinternen Streit ist beispielsweise das neue
       NPD-Internetportal DS-Aktuell. Dort ließ Pastörs unlängst seine
       Parteigenossen wissen, dass "die Partei" endlich wieder "Führung!"
       bräuchte. Voigt könne das aber nicht leisten. Bundesvorstandsmitglied
       Thorsten Heise, Rechtsrockunternehmer und Kameradschaftskader, hält
       dagegen: Er kenne Apfels Stärken und Schwächen, "die ihn für das Amt
       unbrauchbar machen" und wettert gegen eine "verwässerten Kurs" des
       "Apfel-Pragmatismus".
       
       Innerhalb der rechtsextremen Szene wird beim Schlagabtausch über die
       Kandidatenfrage selbst vor intimen Outings nicht zurückgeschreckt. Der
       Voigt-Befürworter Uwe Meenen, Berliner NPD-Chef, hält Ricarda Riefling,
       Bundessprecherin der NPD-Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen", eine
       Affäre mit Apfel vor, nachdem sie zusagte, unter dem sächsischen
       Landtagsfraktionschef für den Vorstand zu kandidieren.
       
       Dennoch: "Einen knappen Vorsprung scheint Apfel zu haben", sagt Fabian
       Virchow, Leiter der Forschungsstelle Rechtsextremismus an der
       Fachhochschule Düsseldorf. Aufgrund der gewachsenen Unfriedenheit herrscht
       in der NPD eine Wechselstimmung. "Aber Voigt ist ein erfahrende Stratege",
       fügt Virchow hinzu.
       
       ## Der Ziehsohn als Kontrahent
       
       Dass insbesondere Udo Pastörs so vehement Front gegen Voigt macht ist keine
       Überraschung: 2009 war er selbst gegen den amtierenden NPD-Chef angetreten.
       Und vor zwei Jahren hatte Pastörs vergeblich gehofft, dass Voigt wegen der
       Betrugsaffäre um Erwin Kemna das Amt verlieren würde. Kemna, der
       langjährige Bundesschatzmeister und enge Voigt-Vertraute, hatte rund
       740.000 Euro aus der Parteikasse privat abgezweigt. "Wie von mir
       vorausgesagt", so Pastörs, "haben wir seitdem weder politisch, personell
       noch organisatorisch Fortschritte gemacht". Nun unterstützt er den
       Gegenkandidaten Apfel und bewirbt sich mit dessen Wohlwollen um das
       Parteivizeamt.
       
       Apfel hatte nach der Berlin-Wahl, bei der Voigt auf Platz 1 der NPD-Liste
       stand, seine Kandidatur angekündigt und - ohne Voigt direkt zu nennen -
       erklärt, dass dieser sich viel zu wenig für eine "seriöse Radikalität"
       stark machen würde. Schließlich würde nur eine NPD, die gegenwartsbezogen
       und volksnah auftrete, die Wähler erreichen.
       
       Dabei war Apfel einst Voigts politischer Ziehsohn. Und lange arbeiteten sie
       eng zusammen. Als Voigt 1996 die Parteiführung übernahm, begann er zusammen
       mit Apfel die NPD für aktuelle Themen zu öffnen, um potenzielle WählerInnen
       mit ihren alltäglichen Sorgen und finanziellen Ängsten zu erreichen. Unter
       Voigt suchte die NPD auch den Anschluss an die personellen Netzwerke der
       rechtsextremen Subkultur. Jener Kurswechsel brachte der NPD Mitglieder,
       bescherte ihr nach über 30 Jahren den Einzug in Landtage und sicherte ihr
       die staatliche Parteinfinanzierung.
       
       Auf DS-Aktuell wettert Voigt über die "seriöse Radikalität", mit der Apfel
       sich gegen ihn in Stellung bringen will: "Ich bin sehr darauf gespannt auf
       dem Parteitag zu hören, was er denn nun wirklich inhaltlich anders machen
       will, oder ob er nationale Politik nur in einer anderen Verpackung will".
       Und frotzelt: "Die Überschriften der Systemmedien kenn ich dann schon
       jetzt: 'Apfel verkauft alten Wein in neuen Schläuchen!". Die Vorhaltung des
       40-jährigen Apfel, ihm würde der "nötige Schwung" fehlen und er würde
       "rückwärtsgewandte Klischees" bedienen, hält der 59-jährige Voigt für
       "Unsinn". Sein Gegenkandidat wüsste das selbst, so Voigt, "aber er muss ja
       versuchen, Gründe zu finden, wenn er gegen mich antritt".
       
       ## Nicht das Sein, nur der Schein
       
       Dass das Jahr 2011 "nicht zum Jahr der NPD geworden" sei, räumt Voigt aber
       ein. In der Partei sind der knapp verpasste Einzug in den Landtag von
       Sachsen-Anhalt, das sichtbare Ausbleiben eines Achtungserfolgs in Bremen
       und die deutlichen Verluste in Berlin nicht vergessen. Vor allem dass im
       Westen der Parteiaufbau kaum vorankommt, sorgt führende Kader.
       
       Apfel verspricht auf DS-Aktuell prompt, auch dieses "strukturelle Defizit"
       aufheben zu wollen. Und er wehrt sich gegen den Vorwurf, eine
       "weichgespülte NPD" anzustreben. "Für Träger einer Weltanschauung versteht
       es sich von selbst", betont Apfel, "dass es bei der 'seriösen Radikalität'
       nicht um inhaltliche Anpassung und die Aufweichung unserer Grundsätze
       geht".
       
       Den Schein und nicht das Sein will Apfel neu entwickeln, sagt Miro
       Jennerjahn. Der Rechtsextremismusexperte der Grünen-Landtagsfraktion in
       Sachsen kennt Apfels Taktiken. "Seine Fassade ist ein bürgerliches Image,
       um wählbar zu erscheinen. Hinter der ist er eng mit der militanten Szene
       verbunden", so Jennerjahn. Anfang der Woche offenbarte das interne
       Internetforum des "Freien Netzes" diese Nähe. "Herr Apfel ist kein
       moderater Neonazi", sagt auch Vichow. "Er ist sich aber sehr bewusst, dass
       die Themen, die der Szene etwas bedeuten, für die Wähler unerheblich sind".
       
       11 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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