# taz.de -- Festival "Translating HipHop": Mainstream pusht Sexismus
       
       > Was hat sich verändert? Was ist geblieben? Das Berliner Festival
       > "Translating HipHop" brachte Theorie und Praxis zusammen - in vielen
       > Sprachen.
       
 (IMG) Bild: "Die Rapper schlüpfen in eine andere Rolle": Run-DMC-Miniaturfiguren.
       
       Joe Conzo hatte sich gar nicht vorgenommen, die Anfänge der heute weltweit
       verbreiteten HipHopKultur zu dokumentieren, und tat es trotzdem. Es war
       Ende der 1970er Jahre, er war "just a kid of the Bronx", und er hatte eine
       Kamera. Damit fotografierte er seine Freunde, die gerade die Rapgruppe The
       Cold Crush Brothers gegründet hatten, er hing mit ihnen ab, auf den Straßen
       und bei ihren Gigs in Schulturnhallen.
       
       Ein Blick auf die nun 30 Jahre alten Fotos, die beim Festival "Translating
       HipHop" im Berliner Haus der Kulturen der Welt ausgestellt wurden, verrät
       nicht nur, dass damals noch in knallengen Jeans gerappt wurde. Er zeigt,
       dass sich in der HipHop-Szene seitdem vieles verändert hat - und vieles
       gleich geblieben ist. Veränderungen, Entwicklungen, Transformationen waren
       die Themen des dreitägigen Festivals, zu dem RapperInnen und
       WissenschaftlerInnen nach Berlin gekommen sind.
       
       Wie sich Rapsongs verändern, wenn man sie in eine andere Sprache übersetzt,
       das wissen die RapperInnen. Sie waren in vier Workshops in ihren
       Heimatstädten Bogotá, Beirut, Manila, Nairobi zusammengekommen, hatten ihre
       eigenen Texte mitgebracht und ausgetauscht, um sie in ihre jeweiligen
       Sprachen - Arabisch, Suaheli, Deutsch, Spanisch, Tagalog und Sheng - zu
       übersetzen.
       
       Das Haus der Kulturen der Welt und das Goethe-Institut hatten sie ausfindig
       gemacht, 15 talentierte, junge Köpfe, Stars in ihren jeweiligen "Hoods",
       wie Rayess Bek aus Beirut. "Wir haben den Hintergrund, die persönlichen
       Erfahrungen hinter den Texten der anderen kennengelernt", sagt er, "und
       dann etwas Eigenes damit gemacht, sie in unsere Sprache und unsere
       Lebenswelt übersetzt." Es entstanden Songs über Liebe, Krieg, Armut und
       Frauenpower.
       
       ## "Dort werden Identitäten verhandelt"
       
       Vereint durch die globale Sprache des HipHop, um dann gemeinsam
       Sprachbarrieren zu überwinden und Inhalte zu entdecken. Das hört sich als
       alles übergreifende Idee auf dem Podium schon gut an, aber noch besser in
       gerappter Form. Bei den Konzertabenden stehen Rayess Bek und seine
       internationalen RapkollegInnen nicht nur auf der Bühne, sondern auch in den
       Übersetzerkabinen und rappen die Texte der anderen auf ihren Sprachen mit.
       Das Publikum kann sich per Kopfhörer in die Rapwelten verschiedener
       Kulturen begeben. Multikulti musikalisch, das geht unter die Haut.
       
       Wie sich die HipHop-Szene und ihre Anhänger verändern, das erläutern im
       Haus der Kulturen der Welt die WissenschaftlerInnen. Tricia Rose,
       HipHop-Forscherin aus New York, ist besorgt über die Entwicklung, die
       HipHop in den USA genommen hat. "Die USA exportieren ihre Kultur", sagt
       sie, "und durch den Mainstream-HipHop werden Sexismus und Gewalt in die
       Welt hinausgetragen."
       
       Back to the roots, zurück zu den Wurzeln, geht hingegen H. Samy Alim von
       der University of California, wenn er die "Ciphas" analysiert. "Cypher"
       steht für den Zirkel, den RapperInnen bilden, um sich "Battles",
       Rapgefechte, zu liefern. "Dort werden Identitäten verhandelt", sagt er,
       "die Rapper schlüpfen in eine andere Rolle, und negative Energie wird
       kreativ umgewandelt." So sei HipHop entstanden, so hätten alle Rapper und
       Rapperinnen mal angefangen, und weil kein Cypher wie der andere sei, werde
       HipHop auch niemals sterben.
       
       Es sind positive Botschaften wie diese, die das Festival zu einer
       erfrischenden Veranstaltung machen. Erfrischend auch deswegen, weil der/die
       SitznachbarIn mal ein/e RapperIn, mal ein/e WissenschaftlerIn ist, die man
       nicht voneinander unterscheiden könnte, hätte man die eine nicht eben noch
       einen Freestylerap hinlegen sehen und den anderen einen Vortrag halten
       hören.
       
       Die Grenzen zwischen Theorie und Praxis, zwischen persönlichen Geschichten
       und wissenschaftlichen Erkenntnissen sind fließend. Fließend ist auch die
       Energie der KünstlerInnen, sind ihre Worte und Bewegungen, ihre
       Performances. Die Fotos ihrer Auftritte werden vielleicht einmal neben Joe
       Conzos Fotos aus den späten siebziger Jahren hängen, und man wird
       erleichtert feststellen, dass manche Dinge tatsächlich immer gleich
       bleiben.
       
       13 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Carla Baum
       
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