# taz.de -- Dokumentarfilm Wallraff gegen Springer: Ende einer wunderbaren Feindschaft?
       
       > Eine WDR-Doku zeigt den Streit zwischen der "Bild" und ihrem größten
       > Widersacher, Günter Wallraff. Springer-Chef Mathias Döpfner will
       > Aufklärung.
       
 (IMG) Bild: 1977 schlich sich Günter Wallraff als Hans Esser in ein Büro der Bild-Zeitung in Hannover ein.
       
       Ende Oktober kam es in Berlin zu einem Händedruck, zu einem historischem
       Moment: Der Chef des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, stellte sich Günter
       Wallraff vor, dem größten Kritiker der Bild. Die Begegnung war mehr
       zufällig als geplant, beide besuchten eine Veranstaltung im jüdischen
       Museum. Trotzdem steht sie für etwas, das jahrzehntelang undenkbar schien:
       für eine vorsichtige Annäherung des Springer-Verlags an seinen größten
       Widersacher.
       
       1977 schlich sich Günter Wallraff in ein Büro der Bild-Zeitung in Hannover
       ein. Er wollte aufdecken, was schiefläuft beim größten Boulevardblatt des
       Landes. Er machte heimlich Filmaufnahmen und schrieb ein Buch: "Der
       Aufmacher".
       
       Die Filmaufnahmen seiner verdeckten Recherche wurden zum Politikum: Der
       damalige Fernsehprogrammdirektor des WDR, Heinz Werner Hübner, verfügte
       1977, dass Wallraffs Film nicht im Fernsehen zu sehen sein dürfe. Wallraffs
       Methode der verdeckten Recherche kämen für eine "öffentlich-rechtliche
       Anstalt nicht in Frage", so Hübner damals.
       
       1981 widersprach der Bundesgerichtshof dieser Einschätzung. Die Methoden
       Wallraffs seien rechtens, so das Gericht. Erst 1992 strahlte Arte das
       historische Dokument aus, von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt. Der WDR
       hob den Sperrvermerk des einstigen Programmdirektors erst im August 2010
       auf. Der WDR sei eben ein "schwerfälliger Laden," kommentiert Wallraff
       heute.
       
       Springer-Chef Mathias Döpfner sah den Film laut Wallraff 2005. Der
       Bild-Kritiker hatte den Verlagschef nach eigener Aussage aus Dänemark
       angerufen. Er wollte über die Mohammed-Karikaturen und deren Nachdruck in
       der Bild sprechen. Döpfner habe sich für seinen Film über die Bild
       interessiert, ihn daraufhin angesehen und für ein "wichtiges historisches
       Zeitdokument" befunden, so Wallraff.
       
       ## Bild will minutiöse Aufklärung
       
       Dieses Dokument zeigt das WDR-Fernsehen am Samstag, gepaart mit einem
       Interview mit Mathias Döpfner. Der Verlagschef wird darin unter anderem mit
       dem Vorwurf Wallraffs konfrontiert, die Bild habe ihn in den Siebzigern mit
       Hilfe des BND abgehört.
       
       Döpfners Antwort überrascht: "Wenn damals Dinge in unserem Haus gelaufen
       sind, die sich mit unseren Vorstellungen, mit unseren Werten […] nicht
       vertragen - und so sieht es aus -, dann wollen wir das wissen", sagt der
       Verlagschef. Man sei nun dabei, den Umgang mit Wallraff minutiös zu
       ergründen und aufzuklären.
       
       Auf Anfrage der taz bestätigt die Pressestelle des Springer-Verlags die
       geplante Vergangenheitsaufarbeitung. "Im Moment recherchieren wir intensiv
       in allen uns zugänglichen Quellen und versuchen uns ein umfassendes Bild
       von der damaligen Situation zu machen und auch Wallraffs Abhörvorwürfe zu
       klären", so ein Verlagssprecher. Wann, wie und wo Ergebnisse dieser
       Recherchen veröffentlicht werden, könne man aber zum jetzigen Zeitpunkt
       noch nicht sagen.
       
       Der Vorstoß von Döpfner ist nicht der erste Versuch des Konzerns, sich mit
       seinem größten Kritiker auseinanderzusetzen. Verlagsgründer Axel Springer
       sagte einst in einem Fernsehinterview, dass er wie ein Hund leide, wenn er
       morgens in die Bild-Zeitung schaue. Er wolle mit Kritikern reden, so
       Springer damals, zuallererst mit Wallraff. Doch das verhinderte die Bild -
       mit einem Brief der Redaktion an ihren Verleger.
       
       Wallraff selbst sagt, er sei gespannt auf die Ergebnisse der Recherchen. Er
       selbst will herausfinden, was damals geschah, wer ihn abhörte und wer dafür
       verantwortlich war. "Zum Freund der Bild-Zeitung werde ich dadurch sicher
       nicht", so Wallraff.
       
       18 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Dachsel
       
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