# taz.de -- Kommentar Springer und Wallraff: Respekt für Mathias Döpfner
       
       > Die Absicht des Springer-Chefs, die frühere Kampagne gegen Günter
       > Wallraff selbstkritisch zu beleuchten, verdient Respekt. Nun muss sich
       > Springer auch der Gegenwart stellen.
       
 (IMG) Bild: Günter Wallraff, vom Springer Verlag gehetzt - inzwischen schon Tadition.
       
       Wenn der Springer-Verlag ein Staat wäre, dann hätte er einen Staatsfeind,
       einen gefährlichen Gegner, den er seit jeher zu bekämpfen versuchte: Günter
       Wallraff. Der Journalist schlich sich 1977 in die Bild-Dependance in
       Hannover ein. Er sammelte Informationen über die kleinen und großen
       Schmutzigkeiten des Boulevardblatts und veröffentlichte sie - unter großem
       Interesse der Öffentlichkeit.
       
       Die Bild wehrte sich gegen ihren größten Feind. Mit Gerichtsprozessen. Mit
       Verleumdungen. Und, glaubt man Wallraff, mit Methoden, die den Vergleich
       mit einem Staat zulassen: Die Redaktion der Bild in Köln habe sein Telefon
       abgehört, sagt Wallraff heute. Mit Hilfe des BND.
       
       Wäre der Springer-Verlag ein Staat, dann würde man den einstigen Umgang mit
       Wallraff als "dunkles, historisches Erbe" bezeichnen. Springer will sich
       seiner Vergangenheit nun offenbar stellen. Verlagschef Mathias Döpfner
       kündigt in einem WDR-Interview an, dass man gerade "minutiös zu ergründen
       und aufzuklären" versuche, was damals geschah.
       
       Das ist bemerkenswert. Mathias Döpfner gebührt Respekt für diesen Schritt.
       Auch Wallraff selbst ist erstaunt über die neue Offenheit. Ist das der
       "Wind of Change" bei Axel Springer? Nun ist erstens zu hoffen, dass sich
       Döpfner im eigenen Haus durchsetzen kann. Und zweitens, dass der Verlag
       seine Vergangenheitsaufarbeitung transparent und ihre Ergebnisse öffentlich
       macht.
       
       Mit Döpfners Ankündigung ist aber eine weit größere Hoffnung verbunden: Nun
       scheint der Moment gekommen, dass sich Deutschland mächtigstes Blatt nicht
       nur der dunklen Vergangenheit stellt. Sondern auch seiner dunklen
       Gegenwart.
       
       Es wäre Zeit, Rassismus, Hetze, Menschenverachtung und zweifelhaftes
       Recherchehandwerk zu verbannen, ein für allemal. Zeit für Perestroika bei
       Bild.
       
       18 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Dachsel
       
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