# taz.de -- Meinungsfreiheit in der Türkei: Investigative Journalisten vor Gericht
       
       > Wegen angeblicher Unterstützung einer terroristischen Vereinigung wird
       > zwei Journalisten in der Türkei der Prozess gemacht. Ihnen drohen 15
       > Jahre Haft.
       
 (IMG) Bild: Protest türkischer Journalisten gegen die Untersuchungshaft von Ahmet Sik und Nedim Sener im September in Istanbul.
       
       ISTANBUL taz | Gestern begann in Istanbul nach neunmonatiger
       Untersuchungshaft der Prozess gegen zwei der bekanntesten Journalisten des
       Landes. Die für ihre investigativen Recherchen mehrfach ausgezeichneten
       Schreiber Ahmet Sik und Nedim Sener werden der Unterstützung einer
       terroristischen Vereinigung angeklagt. Die Höchststrafe in dem Verfahren,
       das nach wenigen Stunden vertagt wurde, beträgt 15 Jahre Haft. Anlass für
       die Anklage der Staatsanwaltschaft sind jeweils Bücher über die
       einflußreichste islamische Sekte der Türkei, die so genannte "Gülen
       Bewegung".
       
       Ahmet Sik arbeitete, als er im Februar verhaftet wurde, an einem Buch mit
       dem Arbeitstitel "Die Armee des Imam". Es geht dabei um die gezielte
       Unterwanderung der Polizei durch Mitglieder der Gülen-Bewegung.
       
       Auch bei Nedim Sener geht es letztlich um die Gülen-Bewegung. Ihm wird
       vorgworfen am Buch eines früheren hohen Polizeioffiziers mitgearbeitet zu
       haben, das sich ebenfalls unter anderem mit dem Einfluss der Gülen-Bewegung
       in der Polizei auseinandersetzt.
       
       In beiden Fällen behauptet die Staatsanwaltschaft, die Bücher seien im
       Auftrag und unter Anleitung der Terrororganisation Ergenekon geschrieben
       worden, der vorgeworfen wird, einen Putsch gegen die Regierung von
       Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vorbereitet zu haben. Die Verbindung
       von Sik und Sener - die selbst in früheren Büchern über Putschmilitärs und
       deren nationalistische Unterstützer recherchiert und geschrieben haben - zu
       Ergenekon, soll über eine kemalistische Web-Site "Oda-TV" gelaufen sein,
       was beide Angeklagten heftig bestreiten. Das Buch von Sik ist das erste
       Manuskript das verboten wurde, bevor es überhaupt publiziert wurde.
       
       Erst vor zwei Tagen hatte der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg einer
       Beschwerde von Sik und Sener wegen der langen Untersuchungshaft und der
       Einschränkung ihrer Verteidigungsmöglichkeiten stattgegeben.
       
       Das Ermittlungsverfahren unter dem Vorwurf der Unterstützung einer
       terroristischen Vereinigung ist ein Sonderverfahren, dass von einer
       Sonderstaatsanwaltschaft durchgeführt und vor einem Sondergericht
       verhandelt wird. Während der Ermittlungen erhält der Anwalt des
       Beschuldigten keine Akteneinsicht und der Beschuldigte erfährt nicht, was
       ihm vorgeworfen wird. Die Dauer der Untersuchungshaft ist praktisch
       unbegrenzt.
       
       Zum Prozessauftakt waren zahlreiche Beoabchter internationaler
       Journalistenorganisationen angreist, darunter auch aus Deutschland. Trotz
       des Prozesses haben 125 Kollegen von Ahmet Sik sein Buch in der letzten
       Woche als gemeinsame Herausgeber veröffentlicht.
       
       22 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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