# taz.de -- Berlinale 2012: Außergewöhnliches über Gewöhnliches
       
       > Der Regisseur Mike Leigh wird 2012 der Filmjury in Berlin vorstehen. Der
       > wettbewerbserfahrene Brite setzt in seinen eigenen Produktionen gerne auf
       > Improvisation.
       
 (IMG) Bild: Darf nächstes Jahr selbst Gewinner küren - Regisseur Mike Leigh.
       
       BERLIN taz | Mike Leigh steht für eine besondere Art, Filme zu machen:
       Statt ein ausformuliertes Drehbuch umzusetzen, legt der britische Regisseur
       viel Wert auf intensive Diskussionen mit den Schauspielern. Die Figuren
       nehmen erst im Verlauf dieser Gespräche konkrete Konturen an; Improvisation
       spielt eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Szenen. Meistens
       kreisen die Filme um Menschen, die aus kleinbürgerlichen Verhältnissen
       stammen.
       
       Ein Taxifahrer zum Beispiel ist der Protagonist in "All or Nothing" (2002),
       eine Fabrikarbeiterin in "Secrets and Lies" (1995), eine Grundschullehrerin
       in "Happy-Go-Lucky" (2008). "Ich habe mich der Aufgabe verschrieben,
       außergewöhnliche Filme über das gewöhnliche Leben zu machen", hat Leigh
       einmal gesagt. Im Laufe seiner nun schon 40 Jahre währenden Karriere hat
       ihm das wichtige Auszeichnungen eingetragen: Sein Debüt "Bleak Moments"
       gewann 1972 völlig überraschend den Goldenen Leoparden bei den
       Filmfestspielen von Locarno, "Secrets and Lies" erhielt 1996 eine Goldene
       Palme in Cannes, "Vera Drake" (2004) einen Goldenen Löwen in Venedig.
       
       Nun wird Leigh selbst über die Vergabe eines goldenen Tieres entscheiden,
       denn er wird der Wettbewerbsjury der kommenden Berlinale vorsitzen. Das
       Filmfestival findet vom 9. bis zum 19. Februar 2012 statt. Der Regisseur,
       1943 in North Salford in der Nähe von Manchester geboren und nach eigenem
       Bekunden an Arbeiterschulen sozialisiert, hat im Wettbewerb der Berlinale
       zuletzt die Tragikomödie "Happy-Go-Lucky" vorgestellt.
       
       Darin lässt er den Optimismus der Hauptfigur Poppy (Sally Hawkins) auf die
       Griesgrämigkeit eines Fahrlehrers stoßen; bemerkenswert an dem Film ist
       neben Poppys Lebensdrang und Bewegungsfreude auch die strahlende
       Farbigkeit, die sich einem zum Zeitpunkt des Drehs neuen Filmmaterial von
       Fuji verdankt.
       
       Beim Interview in einem Berliner Hotel wirkte Leigh ein wenig wie der
       miesepetrige Fahrlehrer: Fragen, die ihm zu dumm erschienen, wies er
       schroff zurück: "Was ist denn das für eine Frage?" Eine Hotelangestellte,
       die Gläser und Tassen abräumen wollte, schickte er in brüskem Ton vor die
       Tür. Und von der vorsichtig vorgebrachten Kritik, er neige in manchen
       seiner Filme - etwa in "All or Nothing" - dazu, die Figuren in ihrem
       Unglück einzusperren, statt ihnen die Möglichkeit zur Entwicklung zu
       lassen, wollte er nichts hören.
       
       2 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cristina Nord
       
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