# taz.de -- Einkommensverteilung in OECD-Staaten: Reich und Reich gesellt sich gern
       
       > Die Einkommen in Deutschland werden immer ungleicher verteilt. Zwar sorgt
       > der Staat immer noch für mehr Gleichheit, doch seit Rot-Grün wird es
       > schlimmer.
       
 (IMG) Bild: PartnerInnen haben immer häufiger ähnliche Einkommen.
       
       Die Ungleichheit bei den Einkommen nimmt in Deutschland rasant zu. Arm und
       Reich driften schneller auseinander als in den meisten anderen
       Industrieländern, wie aus einer neuen OECD-Studie hervorgeht.
       
       Die obersten 10 Prozent der deutschen Einkommensbezieher verdienten im Jahr
       2008 im Durchschnitt 57.300 Euro. Das unterste Zehntel kam hingegen nur auf
       7.400 Euro. Das Verhältnis zwischen oben und unten betrug also acht zu
       eins. In den 1990er Jahren waren es erst sechs zu eins.
       
       Diese zunehmende Ungleichheit zeigt sich auch bei den Haushaltseinkommen.
       In den beiden Jahrzehnten vor der Finanzkrise wuchsen die realen
       Haushaltseinkommen in Deutschland um 0,9 Prozent jährlich. Doch beim
       untersten Zehntel kam davon fast nichts an. Dessen Einkünfte stiegen nur um
       0,1 Prozent pro Jahr. Umso üppiger fiel das Einkommen des obersten Zehntels
       aus: Es nahm um 1,6 Prozent jährlich zu.
       
       ## Der Chefarzt heiratet seltener die Krankenschwester
       
       Ergebnis: Vor zwanzig Jahren gehörte Deutschland noch zu den eher
       egalitären Gesellschaften - und konnte sich mit Skandinavien vergleichen.
       Inzwischen liegt die Bundesrepublik nur noch im OECD-Mittelfeld. Selbst
       dies könnte sich schnell ändern: Zwar sind die Einkommen in Ländern wie
       Mexiko, den USA oder Australien noch deutlich ungerechter verteilt, aber an
       der Bundesrepublik fällt die Geschwindigkeit auf, mit der sich Arm und
       Reich trennen.
       
       Die OECD macht hierfür drei Ursachen aus. Erstens: Die Teilzeitarbeit nimmt
       zu, die häufig schlecht entlohnt wird. Seit 1984 ist sie von 11 auf 22
       Prozent gestiegen. Zweitens: der soziale Wandel. So gibt es immer mehr
       Alleinerziehende und Singles, was automatisch zu einem sinkenden
       Haushaltseinkommen führt. Zudem verändert sich das Beziehungsverhalten.
       Immer häufiger finden Partner zusammen, die ein ähnliches Einkommen
       mitbringen. Die Spitzenverdienste addieren sich also. "Das traditionelle
       Modell ,Chefarzt heiratet Krankenschwester' ist auf dem Rückzug", stellt
       die OECD fest.
       
       Drittens: Auch die deutsche Steuer- und Sozialpolitik hat dazu beigetragen,
       dass sich die Einkommensunterschiede verschärfen. Pikant: Vor allem
       Rot-Grün hat die Ungleichheit verstärkt. Seit 2000 hat der
       Umverteilungseffekt des deutschen Steuer- und Sozialsystems um 4
       Prozentpunkte abgenommen. Allerdings mindert der Staat die Ungleichheit
       noch immer um 29 Prozent, wenn man das Bruttoeinkommen der Haushalte mit
       ihrem Nettoeinkommen vergleicht. Damit liegt Deutschland über dem
       OECD-Durchschnitt von 25 Prozent.
       
       ## Empfehlung: Steuern hoch
       
       Die OECD empfiehlt, die Reichen stärker zu belasten. "Eine Option wäre, die
       Einkommensteuer progressiver zu gestalten." Darüber hinaus wird
       vorgeschlagen, die Steuerflucht einzudämmen, Steuererleichterungen für
       Besserverdienende abzubauen und die Vermögensteuern zu erweitern.
       
       Nicht erst die OECD beschäftigt sich mit den Verteilungswirkungen des
       deutschen Steuerrechts. Die Volkswirte Stefan Bach, Giacomo Corneo und
       Viktor Steiner haben erforscht, wer genau von den rot-grünen Reformen
       profitiert hat. Ihre Studie aus diesem Juni zeigt, dass es höchst ungenau
       ist, das oberste Zehntel als eine Gesamtgruppe zu betrachten, wie es die
       OECD tut. Denn der große Gewinner der Steuerreformen war das oberste
       Hundertstel - wobei die reichsten 0,0001 Prozent besonders profitiert
       haben. Zwischen 1992 und 2005 fiel die Steuerquote des obersten Prozents um
       27 Prozent - bei den Superreichen waren es sogar 34 Prozent. Alle anderen
       wurden gar nicht oder nur minimal entlastet.
       
       5 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Einkommensverteilung
       
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