# taz.de -- Staffelfinale von erfolgreicher Online-Serie: Der Pionier, ein Pionier
       
       > Was wäre, wenn die Sowjets Menschen auf den Mars geschickt hätten? Die
       > Serie "Pioneer One" wurde durch Crowdfunding finanziert - und ist ein
       > Publikumserfolg.
       
 (IMG) Bild: Die verwirrten Ermittler entdecken einen sowjetischen Raumanzug.
       
       BERLIN taz | Eine Kapsel fällt vom Himmel, verbreitet Atomstrahlung über
       den Norden der USA und stürzt schließlich in Kanada ab. Ist es ein
       Terroranschlag? Agenten der US-Regierung werden über die Grenze geschickt,
       um zu ermitteln und entdecken eine weitaus verrücktere Geschichte: Die
       Kapsel ist ein sowjetisches Raumschiff aus den Tiefen des Weltalls. Der
       Mann, der in ihr saß, ist halbtot. Und dann ist da dieser Brief auf
       Russisch: Zwei russische Kosmonauten leben demnach seit den 80er Jahren auf
       dem Mars. Dies sei ihr Sohn.
       
       So beginnt "Pioneer One", die erste wirklich erfolgreiche Serie, die im
       Netz heimisch ist: Das Geld für die Pilotfolge holten sich die Produzenten
       Josh Bernhard und Bracey Smith [1][über Kickstarter von den Zuschauern].
       Als Gegenleistung gibt es die Serie zum [2][kostenlosen Download]. Die
       Pilotfolge wurde zum Erfolg: Innerhalb einer Woche hatten mehr als 400.000
       Menschen den Film heruntergeladen. Für die weiteren fünf Folgen, die über
       das Jahr verteilt erschienen, spendeten die Zuschauer weitere 85.000
       Dollar. Am Dienstag erscheint das Staffelfinale.
       
       "Für einen Menschen, der über das Netz Serien guckt, ist es egal wie sie
       produziert werden", sagt Josh Bernhard. "Wir dachten uns, wenn wir auf
       Downloadseiten neben 'Desperate Housewives' oder 'Stargate' auftauchen,
       könnte das die Zuschauer neugierig machen." Entsprechend orientierten sich
       die Macher an der Länge von 30 bis 40 Minunte für reguläre Fernsehserien
       und wenden sich ab von dem Drei-Minuten-Comedy-Format anderer Webserien.
       Die Idee der Produzenten ging auf: Denn die bisherigen fünf Folgen haben
       zwischen vier und acht Millionen Menschen über diverse Kanäle
       heruntergeladen. Fast eine Million Zuschauer - das sind gute
       Einschaltquoten.
       
       ## Ein moderner Kaspar Hauser
       
       Trotz der Weltraumgeschichte ist "Pioneer One" keine wirkliche
       Science-Fiction-Serie, Fragen, die gestellt werden, betreffen das irdische
       Leben : Was wäre, wenn wirklich ein Mensch auftauchte, der glaubwürdig
       behaupten würde, vom Mars zu sein? Wie würde er die Welt verändern? Im
       Verlauf der der ersten Staffel entspinnt sich ein feines Drama: Während die
       Agenten Tom Taylor und Sofie Larsson einen Marsforscher rekrutieren um den
       Wahrheitsgehalt zu überprüfen, werden in Washington alte Feindseligkeiten
       aus dem Kalten Krieg wach.
       
       Yuri, so wird der unbekannte Kosmonaut genannt, spielt selbst keine große
       Rolle in der Geschichte. Er spricht wenig, und wenn, dann in kryptischen
       Halbsätzen: "Man trägt die Heimat im Herzen", "Draußen ist es gefährlich".
       "Es ist als würde man einen Glückskeks vernehmen", verzweifeln die Agenten.
       Wie ein moderner [3][Kaspar Hauser] wirft seine Existenz zutiefst
       menschliche Fragen auf: Ist er Sowjetbürger, Russe oder gar eine
       Nichtperson? War das Alleinsein während seiner Reise schlimmer, oder die
       Einsamkeit als einziger Marsmensch unter Erdenmenschen zu sein?
       
       Yuri wird zum Fokalisierungspunkt für die Konflikte seiner Umgebung. Der
       Marsforscher Zachary Walzer arbeitet sich an der Geschichte ab: Endlich
       könnte es Beweise für seine Theorie geben, dass eine bemannte Marsmission
       möglich sei. Die Krankenschwester Jane findet in Yuri einen, mit dem sie
       ihre Einsamkeit teilen kann. Im diplomatischen Gerangel zwischen den USA
       und Russland wird er zum politischen Spielball und für den Agenten Taylor
       zur professionellen Bewährungsprobe.
       
       ## "Die Geschichte ist viel größer"
       
       Während der gesamten Staffel bleibt die Frage: Waren die Sowjets wirklich
       so verrückt? Und wie hielten sie die Mission so geheim, dass niemand von
       ihr weiß? Doch die Beweise häufen sich und in der letzten Folge der ersten
       Staffel wollen die Agenten der Welt endlich die Wahrheit über Yuris
       Herkunft verkünden. Aber dann ändert sich alles. Nur so viel soll verraten
       werden: Ob Yuri wirklich vom Mars kommt und ob er tatsächlich so heißt,
       weiß man auch am Ende nicht. "Die Geschichte ist viel größer, als wir in
       der ersten Staffel angedeutet haben", sagt Bernhard. Sie wird in die
       Ukraine führen und womöglich auch von einer Söldnerfirma handeln, die von
       ehemaligen sowjetischen Elitekämpfern gegrüntet wurde.
       
       Doch um diese, größere Geschichte zu erzählen, müssen die Filmemacher mehr
       Geld auftreiben: Bislang arbeiteten sowohl Schauspieler als auch Filmcrew
       umsonst - und trotzdem haben sich Bernhard und Smith verschuldet: "Wir
       können niemandem zumuten, eine weitere Staffel als Gefallen an uns zu
       produzieren." Wie weitergemacht wird ist noch unklar, aber Bernhard ist
       sich sicher, dass die zweite Staffel kommt - auch wenn sie als
       konventionelle TV-Serie produziert wird. "Klar, ohne die Zuschauer wäre
       'Pioneer One' nie entstanden", sagt Bernhard. "Aber wir sind da nicht
       ideologisch. Uns geht es darum die Geschichte weiterzuerzählen." Doch
       bisher hat "Pioneer One" schon bewiesen: Kultur aus dem Netz ist anders -
       aber nicht sehr.
       
       13 Dec 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.kickstarter.com/projects/pioneeronetv/pioneer-one-pilot-episode-for-dramatic-series
 (DIR) [2] http://vodo.net/pioneerone
 (DIR) [3] http://de.wikipedia.org/wiki/Kaspar_Hauser
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lalon Sander
       
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       Aufruf sehr erfolgreich.