# taz.de -- Kommentar Kanada und das Kioto-Protokoll: Ein fatales Signal
       
       > Warum soll sich noch jemand an Verträge halten, wenn man sie am Ende
       > einfach aufgeben kann? Kanada untergräbt so das Fundament von Diplomatie
       > und globalem Handel.
       
       Das ist der zentrale Begriff der Klimadiplomatie der letzten Jahre:
       "Legally binding", völkerrechtlich verbindlich, sollten Klimaverträge sein.
       Das fordern vor allem Europäer und Umweltschützer. Der Gipfel von
       Kopenhagen scheiterte vor zwei Jahren an diesem Anspruch. Im vergangenen
       Jahr wurde er ausgeklammert. Und in Durban fanden die Staaten mit Ach und
       Krach einen Kompromiss, der ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen für
       die Zukunft in Aussicht stellt.
       
       Doch jetzt steht all das wieder zur Disposition. Und zwar nicht, weil
       jemand an den wolkigen Worten über die Zukunft zweifelt, sondern weil
       Kanada von seiner Vergangenheit eingeholt wird. Die Regierung in Ottawa hat
       sich lange nicht um Klimaschutz gekümmert. Jetzt merkt sie, dass Nichtstun
       teuer wird. Darum will sie aus dem Kioto-Protokoll fliehen. Und meint,
       damit seien alle Probleme gelöst.
       
       Tatsächlich aber beginnen die Probleme für Kanada gerade erst. Denn
       inzwischen werden Klimathemen international mit einer Vehemenz verhandelt,
       die zeigen, dass sich bei diesem Thema Wirtschaftspolitik,
       Überlebensstrategien, Sicherheitsfragen und Gerechtigkeitsempfinden
       überlagern.
       
       Kanada will sich nicht mehr an die Spielregeln halten. Ein Land, das keine
       Bananenrepublik, kein Failed State, keine Entwicklungsdiktatur, sondern ein
       Industrieland ist: reich an Einkommen, Bodenschätzen und Einfluss. Und das
       trotzdem das Fundament von Diplomatie und globalem Handel untergräbt: die
       Sicherheit, die international verbindliche Verträge garantieren sollen.
       
       Sollte Kanada damit durchkommen, dann wäre das ein fatales Signal. Denn
       warum soll sich noch jemand an Verträge halten, wenn man sie erst feierlich
       schließen und am Ende einfach aufgeben kann? Vor allem die Europäer werden
       ihre Grundsätze verteidigen und damit wieder in Konflikt mit einem
       transatlantischen Partner geraten. Importverbote für kanadisches Drecksöl
       aus Teersänden sind eine Antwort, generelle Strafzölle gegen Klimadumping
       könnten die nächste sein.
       
       Gerade die Industrienationen pochen immer auf die Rolle der Gesetze: Beim
       Patentschutz, bei Menschenrechten und Arbeitsnormen, bei Umweltschutz oder
       ausländischen Investitionen sind sie schnell mit der "rule of law" zur
       Hand, wenn sie mit Schwellenländern diskutieren. Da muss man daran
       erinnern, was die Basis eines Rechtssystems ist: dass es für alle gleich
       gilt. Sogar für Kanada.
       
       13 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
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