# taz.de -- Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne): "Justizsenator zu sein ist kein Trostpreis"
       
       > Wolfgang Wieland erkennt in der verzweifelten Suche der CDU nach einer
       > Nachfolge für Michael Braun eine politische "Verzwergung".
       
 (IMG) Bild: Wolfgang Wieland, hier beim Versuch der Mediation zwischen den verfeindeten Flügeln der Abgeordnetenhausfraktion.
       
       taz: Herr Wieland, was halten Sie von Frank Henkels Krisenmanagement in der
       Affäre um Justizsenator Michael Braun? 
       
       Wolfgang Wieland: Henkel hat zumindest schneller gehandelt als seinerzeit
       Eberhard Diepgen bei seinem Busenfreund Landowsky. Oder - auf Bundesebene -
       Angela Merkel beim Baron zu Guttenberg. Frank Henkel hat eine Woche lang
       gezögert. Das geht noch. Dass er jetzt so lange braucht, um einen
       Nachfolger zu finden, überrascht mich dann aber doch.
       
       Hätten Sie einen Vorschlag? 
       
       Unter den Personen in der Berliner CDU würde ich Nicolas Zimmer
       vorschlagen. Bei ihm sehe ich ein gewisses Potenzial. Nach meiner
       Erkenntnis ist Zimmer affären- und filzfrei. Er gehörte seinerzeit auch zu
       den Leuten, die wegwollten von der alten Diepgen-Landowsky-CDU.
       
       Zimmer ist aber schon Staatssekretär für Wirtschaft. 
       
       Das ist kein Hinderungsgrund. Unabhängig davon möchte ich aber auch noch
       mal daran erinnern, dass es Zeiten gab, in denen man angesehene Professoren
       zu Justizsenatoren machte. Auch Staatssekretäre aus Bundesministerien sind
       schon auf diesen Posten berufen worden.
       
       Wer würde Ihnen da einfallen? 
       
       Ich bin nicht der Headhunter für die CDU. Ich kann mich aber des Eindrucks
       nicht erwehren, dass das krampfhafte Suchen in der eigenen Fraktion
       Ausdruck einer Verzwergung der Landespolitik ist. Offenbar kommt man
       überhaupt nicht mehr auf die Idee, einen angesehenen Professor oder
       Rechtswissenschaftler zu gewinnen. Oder Personen vom Format einer Jutta
       Limbach oder Lore Maria Peschel-Gutzeit.
       
       Limbach und Peschel-Gutzeit waren in den 90er Jahren
       SPD-Justizsenatorinnen. 
       
       Sie waren bestimmt nicht meiner politischen Couleur. Aber sie hatten eine
       Vision. Peschel-Gutzeit war die erste Frau, die einen Senat an einem
       Oberlandesgericht geleitet hat. Sie hat sehr für das Weiterkommen der
       Juristinnen eingesetzt.
       
       Die CDU-Vorsitzende des Rechtsausschusses, Cornelia Seibeld, hat nach dem
       Rückzug von Braun gesagt, jeder, der noch Lust auf den Posten hätte, sei
       schön blöd. 
       
       Das zeigt, dass diese Frau völlig ungeeignet ist, auch als Vorsitzende des
       Rechtsausschusses. Und wenn sie Brauns Äußerung verteidigt, man habe bei
       der Anwendung des Rechts keine moralischen Maßstäbe anzuwenden, hat sie
       ganz Wesentliches nicht verstanden. Man kann das Recht nicht durch Moral
       ersetzen, das ist richtig. Braun ist auch nie vorgeworfen worden, außerhalb
       des Rechts beurkundet zu haben. Von einem Notar kann aber verlangt werden,
       seine Stellung so auszuüben, dass dies mit moralischen Grundsätzen
       übereinstimmt.
       
       Sie waren im Jahr 2001 selbst für ein halbes Jahr Justizsenator. Wieso
       genießt dieses Amt eigentlich so wenig Ansehen? 
       
       Damals habe ich es erst das "Nadelstreifen-Ressort" genannt. Ich wäre
       lieber Innensenator geworden, zugegeben. Aber nun kommt ein großes Aber:
       Eine funktionierende Justiz stellt für ein Gemeinwesen einen riesigen Wert
       dar. Das Problem ist, dass das Ressort finanziell so schlecht ausgestattet
       ist. Das gilt auch für den ganzen Bereich Strafvollzug. Strafgefangene
       haben wirklich keine Lobby. Deshalb ist es auch immer Aufgabe der
       Justizminister, für sie zu streiten.
       
       Und deswegen drängt sich auch niemand für die Nachbesetzung auf. 
       
       Mich ärgert ungemein, dass die Justiz immer als Trostpreis gehandelt wird.
       Es ist ein reizvolles Ressort. Man kann viel draus machen. Eine schnelle
       Justiz, eine bürgerfreundliche, allgemein verständliche Justiz mit
       Servicebewusstsein.
       
       Was folgt aus der Affäre Braun für Klaus Wowereit? 
       
       Dem hätte nichts Besseres passieren können. Es ist ohnehin Wowereits
       Spezialität, den Koalitionspartner kleinzuhalten, runterzubürsten. Er zeigt
       von Anfang an, wer der alleinige Chef ist. Die Affäre Braun hat Klaus
       Wowereit auf jeden Fall gestärkt.
       
       19 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
       
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