# taz.de -- Anonymous greift US-Thinktank Stratfor an: Robin Hood des Netzes
       
       > Das Netzkollektiv Anonymous hat mal wieder zugeschlagen. Es blamiert eine
       > US-Firma mit illustren Kunden und spendet mit geklauten Kreditkartendaten
       > an die Armen.
       
 (IMG) Bild: Alles andere als geheim und sicher: die Firma Stratfor.
       
       BERLIN taz | Hacker haben die Webserver des US-Thinktanks Stratfor
       überfallen. Sie fanden nach eigenen Abgaben 90.000 Datensätze über Kunden
       und Kreditkarten und veröffentlichten an Heiligabend alles frei zugänglich
       auf der Plattform Pastebin. Anschließen wollen sie auf Kosten der
       Karteninhaber über eine Million Dollar für mildtätige Zwecke gespendet
       haben, etwa an das Rote Kreuz oder die Hilfsorganisation Care. Schließlich
       sei ja Weihnachten, ließen die Aktivisten im Netz verlauten.
       
       Sie rechnen sich der Anonymous-Bewegung zu - ein Deckname, den sich
       verschiedene Gruppen oder Personen aneignen, um im Netz Aktionen wie die
       gegen Stratfor zu organisieren.
       
       Die Aktion ist typisch für die Anonymous-Bewegung, die immer wieder die
       Großen und Mächtigen und alle, die das Netz kontrollieren wollen,
       öffentlich bloßzustellen versucht. So fanden sich auf der eigentlich
       geheimen Kundenliste von Stratfor laut den Hackern Vertreter etwa des
       US-Verteidigungsministeriums, der US-Armee, der US-Luftwaffe und
       Technologiegiganten wie Apple und Microsoft. Hauptprodukt von Strategic
       Forecast, wie Stratfor eigentlich heißt, sind Analysen zu heutigen und
       kommenden Krisengebieten in der gesamten Welt.
       
       ## Daten kaum gesichert
       
       Nun hat die Firma selbst das Sicherheitsdenken vergessen: Den Hacker
       zufolge waren die Daten kaum abgesichert. Sie lagen unverschlüsselt auf dem
       Rechner, auf dem auch die Webseite der Firma verwaltet wird. Für
       IT-Sicherheitsmaßstäbe sind dies Todsünden, für Hacker eine Einladung, die
       offenbar angenommen wurde.
       
       Zur Anonymous-Grundausrichtung gehört neben dem Aussuchen geeigneter Ziele
       auch ein gewisses Augenzwinkern: das Motto "For the lulz" - für das
       Gelächter - ist mehr als nur der Spaß am eigenen Tun. Es ist zugleich auch
       öffentliche Absicherung: Wer die Mächtigen lächerlich macht und dabei nicht
       den Eigennutz in den Vordergrund stellt, geht schnell als sympathisch
       durch. In der Szene wird allerdings oft lang und viel diskutiert, wer denn
       ein geeignetes Ziel sei und was es dazu qualifizieren würde.
       
       So wurde die Veröffentlichung der Privatanschriften österreichischer
       Polizisten nur von wenigen begrüßt. Auch der Stratfor-Hack ist unter
       Aktivisten umstritten. Zwar hat Stratfor immer wieder Expertisen geliefert,
       die man guten Gewissens als kritisch einstufen kann - zum Beispiel zu den
       Vorteilen eines Irakkrieges. Die Firma ist fester Bestandteil der blühenden
       Thinktank-Landschaft der USA.
       
       Dass sie nun von einer Meute dahergelaufener Hacker bloßgestellt wird,
       passt zwar ins Beuteschema der Anonymen. Dennoch kursiert zu dem digitalen
       Bekennerschreiben und den Dateien mittlerweile auch eine Distanzierung im
       Netz, mit der die Aktion als Versuch bezeichnet wird, den guten Namen
       Anonymous zu diffamieren. Wer dahintersteckt, ist wie immer nicht
       herauszufinden - schließlich kann jeder den Namen der Bewegung nutzen und
       sich als Anonymous ausgeben.
       
       26 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Falk Lüke
       
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