# taz.de -- Freiräume in Brandenburg: Ein letzter Ohnmachtsschrei
       
       > In Potsdam wird eine Hausbesetzung geräumt, in Bernau kämpft ein
       > Jugendclub um seine Förderung. Alternative Jugendprojekte haben es in der
       > Mark nicht immer leicht.
       
 (IMG) Bild: Auch das alternative Jugendarbeit: Anti-Nazi-Protest in Neuruppin.
       
       Am Mittwochabend waren sie wieder da. Knapp 100 Linke trafen sich auf dem
       Potsdamer Luisenplatz, zogen in einer Spontandemo durch die Stadt. Die
       Polizei versuchte sie zu stoppen, kesselte Teilnehmer ein. "Die Häuser
       denen, die drin wohnen", antwortete die Gruppe, mit Kochtöpfen scheppernd.
       
       Der Slogan ertönte bereits einen Tag zuvor. Da räumte die Polizei gerade
       ein Haus in der Stiftstraße. 17 Linke hatten ein leer stehendes, ehemaliges
       Seniorenheim am Montag in Beschlag genommen - die erste Besetzung seit
       2008. "Die Mieten steigen rasant in Potsdam", erklärt Mitbesetzer Paul. Die
       Stadt werde "durchsaniert", für WG-Zimmer zahle man 350 Euro. Alternative
       Wohnprojekte würden mit Bauauflagen drangsaliert. "Die Armen kriegen hier
       nur noch den Arschtritt", klagt der 38-Jährige.
       
       Lutz Boede von der Potsdamer Wählergruppe Die Andere stimmt zu. "Die
       Besetzung war ein Ohnmachtsschrei." Der Wohnungsleerstand liege bei 2
       Prozent, die Lage im niedrigpreisigen Segment sei "dramatisch". Das mache
       auch Alternativprojekten zu schaffen. Für das besetzte Heim habe sich vor
       Jahren auch ein Wohnprojekt interessiert. "Stattdessen ist es höchstbietend
       verkloppt worden", so Boede.
       
       Damit ist Potsdam nicht allein. Auch andere alternative Projekte in
       Brandenburg müssen kämpfen. Der Jugendclub Dosto in Bernau etwa. Im Herbst
       habe zuerst ein konservativer Stadtverordneter, Péter Vida, das Dosto mit
       Vorwürfen überzogen, erzählt Dosto-Vorsitzende Christin Jänicke. Darauf
       habe das Jugendamt den Verein einbestellt. "Plötzlich wurde über unsere
       Förderung diskutiert, da wurde es existenzgefährdend."
       
       Dem Verein sei auch vorgeworfen worden, Neonazis auszugrenzen. "Das ist
       doch lächerlich." Das Dosto mache seit 20 Jahren erfolgreiche
       antirassistische Jugendarbeit in Bernau, so Jänicke. In dem Club nähmen
       Kinder alle Dinge selbst in die Hand. "Das ist einzigartig im Landkreis."
       Kurz vor Weihnachten ein Erfolg: Das Landgericht Berlin hob eine
       einstweilige Verfügung gegen das Dosto auf. Geklagt hatte Vida: Er sah den
       Verein als Urheber einer Antifa-Broschüre, in der er als Rechtspopulist
       genannt wird. Das Gericht sah es anders.
       
       Auch im Neuruppiner Mittendrin kennt man solche Auseinandersetzungen. Der
       selbst verwaltete Jugendclub schlug sich in diesem Jahr mit dem
       Verfassungsschutz herum. Der attestierte Besuchern des Hauses
       "linksextremistische Bestrebungen". Das Finanzamt prüfte darauf die
       Gemeinnützigkeit des Vereins. Am Ende zog das Mittendrin vor Gericht, der
       Verfassungsschutz musste die Passage streichen.
       
       "Es gibt eine Tendenz im Land, alternative Jugendarbeit zu
       kriminalisieren", stellt Mitarbeiter Oliver Leonhardt fest. p {
       margin-bottom: 0.21cm; Das Mittendrin habe sich davon nicht einschüchtern
       lassen, die Vorwürfe öffentlich auseinandergepflückt. "Der Landkreis ohne
       das Mittendrin, das wäre ein herber Rückschlag für die Jugendkultur", so
       Leonhardt. "Das, was hier passiert, ist gelebte Demokratie von unten."
       
       29 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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