# taz.de -- Rassismus im englischen Fußball: Spiegel der Gesellschaft
       
       > Beim Pokalspiel des FC Liverpool beleidigt ein Zuschauer einen Spieler
       > als "schwarzen Bastard". Die Serie von Rassismusfällen im englischen
       > Fußball setzt sich fort.
       
 (IMG) Bild: Schwer getroffen: Oldhams Tom Adeyemi zeigt im Spiel gegen Liverpool, von woher er beleidigt wurde.
       
       Englands Fußball muss sich erneut mit einer Rassismusaffäre beschäftigen.
       Beim Pokalspiel des FC Liverpool gegen Oldham Athletic, das Liverpool am
       Freitag 5:1 gewann, soll ein Zuschauer den Oldham-Verteidiger Tom Adeyemi
       als "schwarzen Bastard" beschimpft haben. Der Spieler brach daraufhin auf
       dem Platz in Tränen aus.
       
       Am Samstagabend wurde ein 20-Jähriger aus dem Liverpooler Stadtteil Aintree
       verhaftet. Falls ihm die rassistische Äußerung nachgewiesen wird, muss er
       nicht nur mit einer lebenslangen Stadionsperre rechnen, sondern auch mit
       einer gerichtlichen Anklage.
       
       Der FC Liverpool will demonstrieren, dass er unbarmherzig gegen Rassismus
       vorgeht. Der Polizei wurden die Aufzeichnungen aus Überwachungskameras, die
       Aussagen der Platzordner sowie die Namen und Adressen der Ticketbesitzer in
       dem betreffenden Teil des Stadions zur Verfügung gestellt. Oldhams Direktor
       Barry Owen lobte Liverpool für die schnelle Reaktion: "Mehr hätten sie
       nicht tun können."
       
       Vielleicht hätten sie aber weniger tun können, denn der Verein trägt eine
       gewisse Mitschuld an dem Vorfall. Liverpools Spieler Luis Suárez ist im
       Dezember für acht Spiele gesperrt und zu einer Geldstrafe von 40.000 Pfund
       verurteilt worden, weil er Patrice Evra, Verteidiger von Manchester United,
       rassistisch beleidigt hatte.
       
       ## Das Problem beschränkt sich nicht auf Liverpool
       
       Nachdem die Vorwürfe bekannt geworden waren, verteidigten die
       Clubfunktionäre ihren Spieler vehement, und seine Mannschaftskameraden
       trugen beim Warmlaufen vor dem Spiel gegen Wigan kurz vor Weihnachten
       T-Shirts mit seinem Namen. Eine Woche später hatten viele Fans bei einem
       Heimspiel die gleichen Suárez-Shirts an, und am Freitag skandierten die
       Liverpool-Fans während des Spiels immer wieder seinen Namen.
       
       Dabei beschränkt sich das Problem keineswegs auf Liverpool. Auch John
       Terry, Kapitän des FC Chelsea und der englischen Nationalmannschaft, muss
       sich am 1. Februar vor Gericht verantworten, weil er beim Spiel gegen die
       Queens Park Rangers seinen Gegenspieler Anton Ferdinand als "verdammte
       schwarze Fotze" beschimpft haben soll.
       
       Der 30-Jährige gibt zu, dass diese Worte gefallen seien. Aber sie seien aus
       dem Zusammenhang gerissen worden, er habe im Gegenteil gesagt: "He, ich
       habe dich nicht als verdammte schwarze Fotze bezeichnet." Die
       Videoaufnahmen geben darüber keinen Aufschluss, weil ein Spieler durch das
       Bild läuft und Terry verdeckt, als er den ersten Teil des Satzes gesagt
       haben will.
       
       Und am Freitag hat Stan Collymore, der frühere Spieler des FC Liverpool,
       der jetzt eine Sportsendung im Radio moderiert, Anzeige erstattet, weil er
       auf Twitter rassistisch beleidigt wurde. Ein 21-Jähriger ist in diesem
       Zusammenhang am Wochenende verhaftet worden, und das in einer Woche, in der
       das Rassismusproblem in England der Nation weit über den Fußball hinaus ins
       Gedächtnis gerufen worden ist.
       
       ## Institutioneller Rassismus in der Polizei
       
       Vorigen Mittwoch wurden David Norris und Gary Dobson zu Freiheitsstrafen
       von unbestimmter Länge verurteilt, weil sie 18 Jahre zuvor den 18-jährigen
       Schwarzen Stephen Lawrence ermordet hatten.
       
       Grund für die Verschleppung des Prozesses ist der "institutionelle
       Rassismus" der Polizei, wie eine Untersuchungskommission 1999 festgestellt
       hatte. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wurden Schwarze 1999 knapp
       sechsmal so häufig wie Weiße von der Polizei auf der Straße angehalten und
       durchsucht, so geschieht das heute siebenmal so oft.
       
       Die Sonntagszeitung Observer veröffentlichte gestern das Ergebnis einer
       Studie, nach der eine Mehrheit der Befragten sagten, dass die Immigration
       negativen Einfluss auf Jobs, Bildung und Gesundheitsfürsorge habe und die
       Verbrechensstatistik in die Höhe treibe. 68 Prozent meinten allerdings,
       dass die Einwanderer die britische Küche bereichert haben.
       
       9 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Anti-Rassismus
       
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