# taz.de -- Nach Todestag Oury Jallohs: Polizeiübergriff auf Gedenkdemo
       
       > Aktivisten fordern die Aufklärung des mysteriösen Todes Oury Jallohs in
       > Polizeigewahrsam. Bei einer Gedenkdemo wurden zwei Teilnehmer von
       > Polizisten verletzt.
       
 (IMG) Bild: Neue Ungereimtheiten: Ein Brandexperte stellt die Umstände von Jallohs Tod nach.
       
       BERLIN/BREMEN taz | Es ist nicht mehr nur die Geschichte des toten Oury
       Jalloh. Es ist längst auch die Geschichte des Guineers Mouctar Bah und
       seiner Freunde. Sie wollten am Samstag, dem Todestag Jallohs, in Dessau
       demonstrieren. Doch am Ende dieses Tages lag Mouctar Bah im Krankenhaus:
       niedergeschlagen von Dessauer Polizisten.
       
       Seit Jahren fordert die von Bah gegründete "Initiative Oury Jalloh" die
       Aufklärung des mysteriösen Feuertods in einer Dessauer Polizeizelle. Am
       Samstag demonstrierten dafür rund 200 Menschen. "Oury Jalloh, das war
       Mord!" stand auf ihren Plakaten. Doch wie in der Vergangenheit versuchte
       die Polizei diesen Slogan zu verbieten.
       
       ## Ein unguter Verdacht
       
       Als Bah und einige Begleiter am Ende der Demo erkennungsdienstlich
       behandelt werden sollten, seien sie von Polizisten brutal niedergeschlagen
       worden, berichtet die Initiative. Bis Montag lag Bah, der von der
       Internationalen Liga für Menschenrechte für sein Engagement mit der
       Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet wurde, deswegen im Krankenhaus.
       
       "Das nährt einen sehr unguten Verdacht", sagt Dirk Vogelskamp vom Komitee
       für Grundrechte und Demokratie. Die drei von der Polizei Attackierten waren
       dunkelhäutig und gehören seit Jahren zu den tragenden Figuren der
       Initiative Oury Jalloh.
       
       Am Montag erklärte Sachsen-Anhalts CDU-Innenminister Holger Stahlknecht,
       dass die Polizei keinen Strafantrag wegen des Slogans stellen werde, um
       "weitere Eskalationen" zu verhüten. Er verwahre sich aber "gegen die
       Aussage, dass unsere Polizisten Mörder sein sollen".
       
       ## Neue Ungereimtheiten im Prozess
       
       Der Verlauf des Revisionsprozesses, der am Montag in Magdeburg fortgesetzt
       wurde, hat die Initiative jedoch in ihrer Entschlossenheit bestärkt. Denn
       dort kamen immer neue Ungereimtheiten zutage.
       
       Besonders schwerwiegend sind die Widersprüche zu einer Zellenkontrolle,
       eine halbe Stunde vor Jallohs Feuertod. Die Polizisten Hans-Ulrich M. und
       Udo S. sollen noch um 11.30 Uhr Jallohs Zelle durchsucht haben. "Das haben
       Polizeibeamte im Prozess ausgesagt", sagt der Anwalt der Familie Jalloh,
       Daniel Napp. M. und S. hatten Jalloh an jenem Morgen festgenommen. Die
       Kontrolle streiten sie jedoch ab; sie wollen zu der Zeit auf Streife
       gewesen sein. Im schriftlichen Dienstprotokoll ist die Kontrolle nicht
       dokumentiert.
       
       Das elektronische Journal, das alle Vorgänge auf dem Polizeirevier erfasst,
       wurde gelöscht. Das Gericht konnte nicht klären, weshalb. Das Feuerzeug,
       mit dem Jalloh sich selbst angezündet haben soll, wurde nicht bei der
       ersten Durchsuchung der ausgebrannten Zelle entdeckt. Es ist erst
       nachträglich in die Asservatenliste eingetragen worden.
       
       ## Das Videoband "ist weg"
       
       Und das Videoband, auf dem die Durchsuchung der Zelle dokumentiert ist, hat
       Lücken. Zuerst hatten die filmenden Beamten behauptet, dass ein
       Stromausfall dafür verantwortlich sei. Dies hat sich während des Prozesses
       als nicht haltbar erwiesen. "Das Band ist weg", sagt Napp. In der nicht
       dokumentierten Zeit "wurde das Anheben des Leichnams möglicherweise
       gefilmt", sagt Napp.
       
       Schließlich erklärte der Brandgutachter - in beiden Prozessen war es
       derselbe -, dass er von der Justiz nur den Auftrag bekommen habe, den
       Brandverlauf so zu rekonstruieren, als habe Jalloh sich selbst angezündet.
       "Der Zustand der Leiche ist so aber nicht zu erklären, das hat der
       Gutachter selbst eingeräumt", sagt Napp. Zehn neue Beweisanträge hat er am
       Montag gestellt.
       
       9 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) C. Jakob
 (DIR) M. Kaul
       
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