# taz.de -- Randale beim Hallenfußball-Turnier: St. Pauli spricht von "Notwehr"
       
       > Die Führung des FC St. Pauli kritisiert den Einsatz der Polizei beim
       > Hamburger Hallenturnier. Die Aggressionen seien von den gegnerischen Fans
       > ausgegangen.
       
 (IMG) Bild: Waren womöglich auf einem Auge blind: Polizisten nach den Krawallen in der Alsterdorfer Sporthalle.
       
       HAMBURG taz | Die Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli
       haben nach den Ausschreitungen bei einem Hallenturnier am Freitagabend
       schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Klub-Präsident Stefan Orth und
       der Sicherheitsbeauftragte des Vereins, Sven Brux, sagten, das
       Sicherheitskonzept habe "nicht gestimmt", bei der Planung und Durchführung
       der polizeilichen Maßnahmen seien "handwerkliche Fehler" gemacht worden.
       
       Die eingesetzten Beamten hätten zur "Eskalation der Situation massiv
       beigetragen" und durch einen "nicht nachzuvollziehenden" Einsatz von
       Knüppeln und Reizgas in der geschlossenen Halle zahlreiche Zuschauer,
       darunter auch viele Unbeteiligte verletzt. Die Darstellung des Konflikts
       durch die Polizei sei falsch. Sie habe "alles in einen Topf gerührt" und
       "Ursache und Wirkung" verwechselt.
       
       Nach Darstellung der Polizei haben 230 gewaltbereite St. Pauli-Fans und 100
       gewaltbereite Fans des VfB Lübeck nach ihrem Eintreffen in der Alsterdorfer
       Sporthalle, wo das Hallenturnier stattfand, "die Konfrontation mit dem
       gegnerischen Fanlager" gesucht. "Die Auseinandersetzungen konnten durch
       konsequentes Einschreiten der Polizeibeamten unter Einsatz von
       Schlagstöcken und Pfefferspray unterbunden werden", heißt es in der
       Mitteilung. Auch nach Abbruch des Turniers sei es außerhalb der Halle zu
       weiteren Auseinandersetzungen zwischen den Fanlagern gekommen, in deren
       Folge die Einsatzkräfte "72 Fans des FC St. Pauli in Gewahrsam genommen"
       hätten. Die Bilanz der Scharmützel laut Polizei: 40 Fans, die wegen des
       Reizgaseinsatzes behandelt werden mussten, 21 weitere verletzte Zuschauer
       und 14 verletzte Beamte, von denen drei ambulant behandelt werden mussten.
       
       Nach der Auswertung zahlreicher Augenzeugenaussagen, für die man sich zwei
       Tage Zeit genommen habe, "um vorschnelle Aussagen zu vermeiden", kommen
       Präsident Orth und Sicherheitschef Brux zu einer stark abweichenden
       Chronologie der Ereignisse, die sich weitgehend mit den Recherchen der taz
       deckt:
       
       Von vornherein hätten die Lübecker Anhänger die St. Pauli-Fans mit
       rassistischen und schwulenfeindlichen Schmährufen beleidigt, die eigenen
       Fans hätten hingegen "keine Konfrontation gesucht".
       
       Nach verbalen Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Fans im
       Toiletten-Bereich habe die Polizei ohne Vorwarnung die Fans des Kiez-Klubs
       - und nur sie - unter massivem Einsatz von Reizgas und Knüppeln zurück auf
       die Tribüne getrieben. Dabei habe ein Beamter "ohne Grund einen
       Jugendlichen bewusstlos geschlagen". Auch Brux wurde nach eigener
       Darstellung von einem Knüppel getroffen und mit Reizgas besprüht, als er
       sich gerade etwas zu essen holen wollte. Zahlreiche Unbeteiligte, darunter
       ein 72-jähriger Rentner, seien von der Polizei mit Reizgas attackiert
       worden.
       
       Anschließend habe eine Lübecker Fangruppe die Kopftribüne, auf der die St.
       Pauli-Fans untergebracht waren, in eindeutig gewalttätiger Absicht gestürmt
       und auch auf Eltern mit Kindern eingedroschen. Die Polizei habe "nicht
       eingegriffen und sie gewähren lassen". Hier habe es erstmals, so Orth, auch
       "gewalttätige Notwehr" attackierter Fans des FC St. Pauli gegeben. "Es gab
       anders als von der Polizei dargestellt, keinen Krieg rivalisierender
       Fangruppen, sondern einen regelrechten Angriff nur einer Gruppe von
       Gewalttätern auf unsere Fans", fasst Sven Brux die Geschehnisse aus Sicht
       des Vereins zusammen.
       
       Nach Begehung zahlreicher Straftaten hätten sich die Lübecker Fans, die
       nach Augenzeugenberichten von einigen HSV-Hooligans verstärkt wurden,
       ungehindert wieder auf ihre Tribüne zurückziehen können. Während nach
       Abbruch der Veranstaltung mindestens 72 St. Pauli-Fans in Gewahrsam
       genommen wurden, sei keine einzige Ingewahrsamnahme eines Lübeckers bekannt
       geworden.
       
       Während der gesamten Tumulte habe es keine Lautsprecherdurchsagen der
       Polizei an die Turnierbesucher gegeben, die so nicht abgestimmt reagieren
       und die Halle verlassen konnten.
       
       Orth und Brux bezweifeln, dass der Polizei-Einsatz noch "auf dem Boden der
       Rechtsstaatlichkeit" erfolgt sei.
       
       9 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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