# taz.de -- Protest von Foxconn-Mitarbeitern: Massensuizid als Drohkulisse
       
       > Letztes Mittel im Arbeitskampf: Im zentralchinesischen Wuhan haben bis zu
       > 300 ArbeiterInnen des Elektronikkonzerns Foxconn mit Selbstmord gedroht.
       
 (IMG) Bild: Über den Dächern von Wuhan: Der Protest endete glücklicherweise ohne Tote oder Verletzte.
       
       BERLIN taz | Bis zu 300 chinesische ArbeiterInnen einer Fabrik des
       taiwanischen Elektronikherstellers Foxconn haben vergangene Woche mit
       Massensuizid gedroht. Dies berichtet der IT-Nachrichtendienst [1][IDG News
       Service] am Mittwoch unter Berufung auf chinesische Medienberichte,
       Postings auf sozialen Webseiten sowie eine Stellungnahme des Konzern.
       
       Der medienscheue Foxconn-Konzern bestätigte laut IDG die Protestaktion.
       "Der Zwischenfall wurde erfolgreich und friedlich am späteren Morgen
       gelöst, nachdem es Diskussionen zwischen den Arbeitern, lokalen
       Foxconn-Offiziellen und Vertretern der lokalen Regierung gab", erklärte
       Foxconn.
       
       Die Drohung mit Massensuizid ereignete sich in der zentralchinesischen
       Stadt Wuhan. Nach chinesischen Medienberichten hätten sich bereits am 2.
       Januar rund 300 ArbeiterInnen auf dem Dach der Foxconn-Fabrik versammelt
       und mit einem Sprung in die Tiefe gedroht. Foxconn sprach in seiner
       Erklärung von 150 Streikenden, die sich am 4. Januar auf dem Dach
       versammelt hätten. In der Fabrik soll laut Medienberichten die Spielkonsole
       XBox 360 von Microsoft hergestellt werden. Foxconn machte zu seinen
       Auftraggebern wie üblich keine Angaben.
       
       Hintergrund des Konflikts ist ein Arbeitskampf um Lohnerhöhungen. Diese
       seien vom Management abgelehnt worden. Unzufriedene seien zur Kündigung
       aufgefordert worden, wobei ihnen Abfindungen in Aussicht gestellt worden
       seien. Viele hätten darauf gekündigt, aber keine Abfindungen erhalten.
       Darauf sei es zur Besetzung des Fabrikdaches und der Drohung mit dem
       Massensuizid gekommen.
       
       Erst durch eine Intervention des Bürgermeisters von Wuhan hätten die
       ArbeiterInnen zum Verlassen des Daches bewegt werden können. Wieweit die
       Forderungen erfüllt wurden, blieb in den Berichten unklar. Laut Foxconn sei
       der Auslöser des Konfliktes eine Umstrukturierung gewesen, bei der Arbeiter
       versetzt werden sollten. Dabei hätten sich 45 zu einer Kündigung
       entschlossen.
       
       ## Selbstherrlicher Konzern
       
       Foxconn gehört zur taiwanischen Hon Hai Holding und ist der weltgrößte
       Elektronikhersteller. Er produziert mit mehreren hunderttausend
       ArbeiterInnen in China unter anderem für Apple, HP, Nintendo, Sony, Dell
       und Microsoft. 2010 brachte eine Suizidwelle mit 14 Toten den Konzern
       weltweit in die Schlagzeilen. Diese stand im starken Kontrast zu den satten
       Gewinnen, die vor allem Foxconns Kunde Apple macht.
       
       Im Fokus der Kritik standen vor allem die stressigen Arbeits- und
       Lebensbedingungen junger MitarbeiterInnen in Foxconns gigantischer
       Fabrikstadt im südchinesischen Shenzhen. Gegenmaßnahmen des
       selbstherrlichen Konzerns waren unter anderem das Aufspannen von Netzen
       zwischen Wohnheimen, damit sich ArbeiterInnen nicht in die Tiefe stürzen
       können, eine PR-Kampagne, die Einstellung von Psychologen, mehrfache
       Lohnerhöhungen sowie die Verlegung eines Teils der Produktion ins
       Hinterland wie etwa nach Wuhan.
       
       Fotos, die [2][per Tencent Weibo], dem chinesischen Twitter, verbreitet
       wurden, zeigten jetzt Dutzende Arbeiter auf einem hohen Fabrikdach, manche
       von ihnen auf der Brüstung stehend. [3][Andere Bilder] zeigten
       Feuerwehrfahrzeuge auf dem Boden davor sowie uniformierte Mitarbeiter des
       Wachschutzes.
       
       Der Arbeitskampf deutet darauf hin, dass die Foxconn-Angestellten um das
       ramponierte öffentliche Image des Konzerns wissen und auch, wie sie das
       Potential von Suiziddrohungen für ihre Interessen nutzen können. Zwar hat
       es in den letzten zwei Jahren in China landesweit massive Lohnerhöhungen
       gegeben (jeweils um 20 Prozent pro Jahr), doch gibt es nach wie vor keine
       unabhängigen Arbeitsgerichte und keine unabhängigen Gewerkschaften.
       
       11 Jan 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.cio.com/article/697781/Foxconn_Workers_Stage_Protest_in_Chinese_City?source=rss_news&utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+cio%2Ffeed%2Fsolutions%2F1375+%28CIO.com+-+News%29
 (DIR) [2] http://t.qq.com/akxyy112233
 (DIR) [3] http://club.china.com/data/thread/1011/2736/15/97/1_1.html?bsh_bid=62192156
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) China
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Arbeitskampf in China: Streik statt Nike
       
       Seit mehr als einer Woche protestieren die Mitarbeiter eines großen
       Sportartikel-Zulieferers. Das Angebot höherer Sozialleistungen reicht ihnen
       nicht.
       
 (DIR) Apple-Produzent Foxconn: 80 Überstunden im Monat fürs iPad
       
       Exzessive Mehrarbeit und entwürdigende Disziplinarmaßnahmen: Wie der
       weltgrößte IT-Hersteller Foxconn trotz vermehrter Kritik auf Ausbeutung
       setzt.
       
 (DIR) Apple-Produzent bleibt in der Kritik: Zwangspraktika bei Foxconn
       
       Eine Arbeitsrechtsorganisation wirft Apple vor, die Ausbeutung von
       Zwangspraktikanten bei ihren Produzenten zu verschweigen. Im Fokus steht
       der Elektronikkonzern Foxconn.
       
 (DIR) Foxconn kündigt Lohnerhöhung an: IT-Arbeiter bekommen mehr Geld
       
       Der Elektronikkonzern stellt unter anderem iPods und iPads her. Die
       Erhöhung fällt mit einer Inspektion der amerikanischen Fair Labor
       Association zusammen. Zufall?
       
 (DIR) Kommentar Apple-Inspektionen: Äpfel, Birnen und PR
       
       Apples Inspektionen mögen helfen, der wachsenden Kritik der Verbraucher die
       Spitze zu nehmen. Doch die Arbeiter brauchen weiter Unterstützung.
       
 (DIR) Apple-Fabriken in China werden überprüft: Inspektionen in den Sweatshops
       
       Der IT-Konzern Apple hat eine industrienahe Organisation beauftragt, die
       Apple-Produzenten in China zu prüfen. Dort hatten Arbeiter mit kollektivem
       Suizid gedroht.
       
 (DIR) Zulieferer veröffentlicht: Apple übt sich in Transparenz
       
       Die Arbeitsbedingungen bei Apples asiatischen Herstellern von iPhones und
       iPads stehen seit Jahren in der Kritik. Apple will jetzt ein Zeichen setzen
       und veröffentlicht eine Zulieferer-Liste.
       
 (DIR) Ausbeutung in neuer Apple-Fabrik: iSklaven produzieren iPhones
       
       Acht Stunden Nonstop-Arbeit - stehend: Beschäftigte der neuen iPhone-Fabrik
       berichten über miese Arbeitsbedingungen. Und Apple? Präsentiert die neue
       Version des Handys.
       
 (DIR) Foxconn und das Maschinenzeitalter: Roboter statt Arbeiter
       
       Wegen steigender Löhne will der Apple-Zulieferer Foxconn seine Mitarbeiter
       durch Maschinen ersetzen. Besser werden die Arbeitsbedingungen bislang
       nicht.
       
 (DIR) Nach Unfall in Chengdu: Foxconn reduziert Computerproduktion
       
       Nach einer Explosion in der Riesenfabrik des iPad-Produzenten in Chengdu
       mit Todesfolge reagiert Foxconn. Kritiker fühlen sich in ihren Vorwürfen
       bestätigt.
       
 (DIR) Besuch bei iPhone-Hersteller Foxconn: Blut am Apfel
       
       Vor einem Jahr nahmen sich mehrere Arbeiter in chinesischen iPhone-Fabriken
       das Leben. Was hat sich seitdem geändert? Ein Besuch.
       
 (DIR) iPad-Hersteller plant neue Fabriken: Foxconn will nach Brasilien
       
       Umstritten, aber auf Expansionskurs: Der chinesische iPad-Bauer Foxconn
       plant neue Fabriken in Brasilien. Präsidentin Rouseff zeigt Interesse - und
       verspricht Subventionen.