# taz.de -- Sportler und Social-Media-PR: Der Fan im Wohnzimmer
       
       > Englischsprachige Sportler nutzen Facebook und Twitter spielerisch für
       > Eigen-PR. Deutsche Athleten hingegen klingen so authentisch wie
       > Pressesprecher – mit einer Ausnahme.
       
 (IMG) Bild: Lewis Holtby ist Schalke-Profi und Freund des gepflegten Twittereintrags: "Teamausflug s04 … Geiles Match, dann auch noch den Magier getroffen …Hammer!!! :-)))"
       
       BERLIN taz | "Wayne Rooney gibt Haar-Transplantion bekannt", titelte das
       britische Boulevardblatt The Sun im vergangenen Juni und fügte direkt ein
       Foto bei, auf dem Rooneys immer noch recht kahler Kopf zu sehen war. Die
       Meldung ging um die Welt. Und alles nur wegen Twitter. Denn dort hatte
       Rooney das Foto samt Bekenntnis selbst veröffentlicht.
       
       Social-Media-Kanäle wie Facebook und Twitter sind in den USA und
       Großbritannien längst ein wichtiges PR-Werkzeug für Sportler. Die
       US-Skirennfahrerin Julia Mancuso twittert auch schon mal ein Bild ihres
       nach einem Sturz frisch genähten Arms. Deutsche Sportler sind bisher
       vorsichtiger. "Ich drücke beide Daumen und bin mir sicher, dass wir
       gewinnen", schreibt Bastian Schweinsteiger im lebhaften Ton eines
       DDR-Staatsrats.
       
       Auch Golfer Martin Kaymer gibt sich so natürlich wie ein Stück Analogkäse:
       "Ich habe in 2011 viel gelernt und bin in der Gesamtbetrachtung der Saison
       sehr zufrieden." Einzig Lewis Holtby von Schalke 04, der schon seit 2009
       bei Twitter ist, wirkt authentisch ("Teamausflug s04 … Geiles Match, dann
       auch noch den Magier getroffen …Hammer!!! :-)))"), bei allen anderen fühlt
       man sich wie auf einer Pressekonferenz.
       
       Englischsprachige Sportler hingegen holen den Fan ins Wohnzimmer. Dass sie
       ihre Social-Media-Auftritte offensiver nutzen, wundert Sportlerberater
       Marcus Höfl nicht: "Etwas Privates von sich preiszugeben, ist in den USA
       völlig normal. Wir Deutschen sind da zurückhaltender."
       
       ## Der Mensch hinter dem Sportler
       
       Höfl berät unter anderem seine Ehefrau Doppel-Olympiasiegerin Maria
       Höfl-Riesch und den ersten Mann im Sportstaat, Franz Beckenbauer. Vom
       Erfolg des angelsächsischen Modells ist er überzeugt: "Die Leute wollen
       nicht nur den Sportler sehen, sondern auch wissen, was das für ein Mensch
       ist, der solche Erfolge erringt", sagt Höfl.
       
       "Man muss etwas von sich preisgeben", meint auch Frank Dopheide, Leiter der
       Agentur "Deutsche Markenarbeit", die Manager und Sportler als Marken
       etabliert. "Die Fans müssen sagen: Guck mal, der ist genau wie ich."
       Dopheide nennt das "sehnsuchtsvolle Nähe".
       
       Deutsche Sportler bedienen diese Nähe oft nicht. Das liegt vor allem daran,
       dass kaum einer Lust hat, sich selber um den eigenen Auftritt zu kümmern.
       Teils aus Zeitmangel, teils aus Angst: "Die wissen eben auch, dass sie
       nicht berühmt sind, weil sie so toll schreiben können", sagt Dopheide.
       
       Viele gehen deshalb auf Nummer sicher und lassen andere schreiben.
       Dopheides Agentur will Sportlern helfen, ein Gefühl für Social Media zu
       entwickeln. Vier Wochen lang werden mit den Klienten und deren Bekannten
       Gespräche geführt, um herauszufinden, welche Qualitäten der Sportler
       jenseits des Sports hat. Aus dem gewonnenen Wissen wird dann ein
       authentisches Image gezimmert.
       
       ## Facebook als Werbeplattform
       
       Doch welchen Nutzen erhoffen sich Sportler und deren Berater von einer
       erfolgreichen Social-Media-Präsenz? "Stellen Sie sich mal vor, dass ein
       Bastian Schweinsteiger irgendwann fünf Millionen Fans hat. Dann hat er eine
       höhere Auflage als Spiegel, Focus und Stern zusammen", schwärmt Dopheide
       von Facebook als Werbeplattform. Marcus Höfl sieht das anders: "Social
       Media sollte ein Abbild dessen sein, was wirklich passiert. Wenn etwas
       gestellt und kommerziell geplant ist, führt das nicht zu diesem Zweck."
       
       Trotzdem findet derartige Werbung bereits statt, sagt Sandro Schramm,
       Berater von Lukas Podolski: "Wir wollen Poldis Facebookseite nicht als
       Plattform für Werbekunden vermarkten. Seinen bestehenden Sponsoren bieten
       wir aber die Möglichkeit, dass Lukas auch mal eine Werbebotschaft postet -
       vorausgesetzt, er steht dahinter und seine Empfehlung ist authentisch."
       Dann könne er auch schon mal ein Bild mit dem Kommentar "Hi Leute, coole
       Adidas-Store-Eröffnung!" einstellen.
       
       Marcus Höfl denkt derweil darüber nach, seinen prominentesten Schützling in
       die Social-Media-Welt zu schicken: "Franz Beckenbauer ist eine besondere
       Herausforderung. Aber wir überlegen gerade mit ihm zusammen, ob es eine
       authentische Variante geben kann. Wenn es die gibt, werden wir was machen."
       
       18 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Laurenz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ski Alpin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Saisonauftakt Ski Alpin: Bisschen mau
       
       Beim Weltcup macht Maria Höfl-Riesch vor allem durch ihr Outfit von sich
       reden – und ihre Konkurrentin Lindsay Vonn, weil sie mit Männern Schuss
       fahren will.
       
 (DIR) Geschichten aus der Facebook-Gruft: Schneller als die Polizei erlaubt
       
       Ein Inder erfährt vom Tod seines Sohnes über Facebook. Eine Britin bringt
       sich netzöffentlich um. Und eine Bande Nachwuchsgangster stolpert über
       selbtgedrehte Videos.
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Ehernes Gesetz
       
       Nicht zum ersten Mal zerbröseln die in der regulären Saison überragenden
       Offensiv-Reihen in den NFL-Playoffs an den besten Verteidigungsformationen.
       
 (DIR) Ehemaliger NBA-Profi über Homophobie: "Wörter sind nicht das Problem"
       
       John Amaechi musste als Basketballprofi sein Schwulsein verheimlichen.
       Heute kämpft er gegen Diskriminierung und spricht über die Ignoranz von
       Institutionen und Fans.
       
 (DIR) Fußballfans entern englische Facebookseite: Schlachtrufe auf der Pinnwand
       
       Eine altbekannte Feindschaft zwischen Deutschland und England wird im Netz
       wiederbelebt. Gleichzeitig wird offenbart, wie rückständig der DFB sich in
       sozialen Medien bewegt.
       
 (DIR) Muhammad Ali wird 70 Jahre alt: Das herausragende Schwergewicht
       
       Er war ein Provokateur, ein Künstler und bleibt ein Mythos: Wie aus Cassius
       Clay Muhammad Ali wurde. Ein Leben in zehn Kämpfen.