# taz.de -- Wirtschaftsforum in Davos: Abschied vom freien Welthandel
       
       > Großbritanniens Premier Cameron will globale Freihandelsgespräche zu den
       > Akten legen. Deutschlands Pläne einer Finanztransaktionssteuer nennt er
       > "Wahnsinn".
       
 (IMG) Bild: Aufgemerkt! Mr. Cameron hatte in Davos einige wichtige Dinge zu sagen.
       
       DAVOS taz | Der britische Premier David Cameron hält die seit rund zehn
       Jahren andauernden Gespräche der Welthandelsorganisation WTO für
       gescheitert. In seiner Rede vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos plädierte
       er am Donnerstag dafür, einzelne Freihandelsabkommen zwischen der
       Europäischen Union und anderen Staaten, etwa den USA, zu schließen.
       
       Die Ansage Camerons gibt den Befürchtungen neue Nahrung, manche Regierung
       werde auf Schuldenkrise und Wirtschaftsabschwung mit ökonomischer
       Abgrenzung reagieren. Die gegenwärtig laufende Runde der WTO-Verhandlungen
       hat 2001 begonnen, ist aber immer noch nicht abgeschlossen. Es geht um die
       Verringerung von Importbeschränkungen und Exportförderung. Die Hoffnung
       ist, dass durch ungehinderten Handel das globale Wachstum zu- und die Armut
       abnimmt.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel erwiderrte in Davos, der mangelnde
       Fortschritt der WTO-Verhandlungen sei ein Zeichen für zunehmenden
       Protektionismus. Praktisch ist die EU aber schon seit einiger Zeit dabei,
       die WTO-Sackgasse zu umgehen, indem man bilaterale Abkommen aushandelt.
       
       In seiner Rede kritisierte Cameron außerdem Deutschland und Frankreich. Das
       deutsche Management der Euro-Krise sei "ängstlich und zögerlich". Die von
       Berlin geforderte neue europaweite Steuer auf Finanztransaktionen
       bezeichnete er als "Wahnsinn".
       
       ## Merkel für europäische Regierung
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchte in ihrer Eröffnungsrede am Mittwoch
       dagegen, positive Stimmung für Europa zu entfachen. Sie entwarf als Vision,
       dass aus der EU-Kommission auf Dauer eine "richtige Regierung" werden und
       das EU-Parlament mehr Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten erhalten
       solle. Der Rat der Regierungschefs und Fachminister solle dann die Rolle
       einer zweiten Parlamentskammer übernehmen, ähnlich der Funktion des
       Bundesrates.
       
       Finanzielle Solidarität sei ebenso notwendig, sagte die Kanzlerin.
       Allerdings müssten sich die gegenseitigen Verpflichtungen und Hilfen in
       Grenzen halten. Die Kanzlerin stellte die rhetorische Frage, wie man denn
       reagieren solle, wenn die Investoren statt der doppelten Summe bald
       vielleicht die dreifache Größenordnung der Euro-Rettungsmechanismen für
       notwendig hielten.
       
       Derartige Summen, legte Merkel nahe, könnten dann womöglich auch die
       Zahlungsfähigkeit Deutschlands überschreiten.
       
       26 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Occupy-Bewegung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Pimco-Manager Bosomworth über die Krise: "Europa braucht den Euro"
       
       Aus südeuropäischen Staatsanleihen ist Großinvestor Andrew Bosomworth
       bereits weitgehend ausgestiegen. Auch um den deutschen Immobilienmarkt
       macht er sich Sorgen.
       
 (DIR) Kommentar Weltwirtschaftsforum Davos: Verlangsamen und beschleunigen
       
       Der Zeitgeist dreht sich, Kapitalismuskritik ist in. Aber will man in einer
       müden, langsamen Gesellschaft leben? Doch wenig Wachstum bedeutet nicht
       unbedingt wenig Dynamik.
       
 (DIR) Wirtschaftsgipfel in der Schweiz: Konzernchefs im Flüchtlingslager
       
       Beim Weltwirtschaftsforum in Davos geht es um Politik, Geschäft und zur
       Schau gestellte Wohltätigkeit. Mit Pragmatismus versucht Sally Begbie dort
       Spenden einzuwerben.
       
 (DIR) Merkel beim Weltwirtschaftsforum: Groß, stark und bald überfordert
       
       Beim WEF hat Bundeskanzlerin Merkel vor einer Überforderung Deutschlands in
       der Eurokrise gewarnt. Andere kritisierten, Deutschland stelle den
       Krisenstaaten unerreichbare Ziele.
       
 (DIR) Proteste gegen Weltwirtschaftsforum: Occupy besetzt Davosdebatte
       
       Die Aktionen gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos sind überschaubar.
       Trotzdem sehen sich die Wirtschaftseliten zu Rechtfertigungen genötigt.
       
 (DIR) Wirtschaftswissenschaftler über Europa: "Die Vereinigten Staaten kommen"
       
       Kollabierende Finanzmärkte, eine angeschlagene Eurozone, Rezessionsängste –
       wer soll das kontrollieren? Paul De Grauwe gibt einzelnen Nationalstaaten
       keine Chance.
       
 (DIR) Weltwirtschaftsforum von Davos: Kapitalismus renovieren
       
       Am Mittwoch startet das Weltwirtschaftsforum von Davos mit 40
       Regierungschefs und hunderten Vorstandsvorsitzenden. Das Treffen, die
       Teilnehmer, die Themen.
       
 (DIR) Die vier Phasen der Globalisierungskritik: Der Zyklus des Protests
       
       Beim Weltwirtschaftsforum in Davos wird man die vierte Phase der
       globalisierungskritischen Bewegung beobachten können. Bei Occupy wird sich
       der Prozess wiederholen.