# taz.de -- Parlamentsdebatte: Abgeordnete brennen für Handy-Affäre
       
       > Die Opposition kritisiert die millionenhafte Überprüfung von Handydaten
       > durch die Polizei. Piraten fordern eine Aufklärungs-SMS für Betroffene.
       > Innensenator hält Untersuchungsausschuss für überflüssig
       
 (IMG) Bild: Innensenator Frank Henkel (CDU) nahm am Donnerstag im Abgeordnetenhaus die Polizei (hier Vizepräsidentin Margarete Koppers) gegen Vorwürfe der Opposition in Schutz: Die Polizei habe sich bei der Handy-Daten-Überprüfung an Recht und Gesetz gehalten.
       
       Da waren die Technik-nahen Piraten in ihrem Element. "Wir machen jetzt mal
       Sendung mit der Maus", leitete im Abgeordnetenhaus Alexander Morlang eine
       kurze Einführung darüber ein, was man mit gesammelten Daten so alles machen
       kann. Auf Wunsch der Piraten diskutierte das Parlament die millionenhafte
       Überprüfung von Handydaten bei der Suche nach Autobrandstiftern. Am Ende
       einer heftigen Debatte standen zwei konkrete Ergebnisse: Dass die Polizei
       in über 800 weiteren Fällen Handydaten überprüfte. Und dass die Piraten
       gerne an all jene eine aufklärende SMS schicken würden, deren Daten erfasst
       wurden.
       
       Komplett konträre Sichtweisen prägten die Auseinandersetzung um die
       Handy-Affäre, bei der seit 2008 rund 4,2 Millionen Datensätze ausgewertet
       und 960 Handyeigentümer namentlich identifiziert wurden. Sahen SPD- und
       CDU-Fraktion sowie Innensenator Frank Henkel (CDU) bei der Überwachung
       alles im legalen Bereich, so war das bei Grünen, Linkspartei und Piraten
       ganz anders. "Nicht alles, was der Staat kann, soll er auch dürfen", sagte
       Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux. Jeder Eingriff in die
       Unschuldsvermutung sei zu vermeiden.
       
       Lux rückte die Vorgänge in die Nähe der noch umfangreicheren
       Datenüberprüfung im vergangenen Jahr bei einer Anti-Nazi-Demonstration in
       Dresden. "Was dort passiert ist, war ein Skandal, und das darf sich hier in
       Berlin nicht wiederholen." Den Piraten-Vorstoß, Betroffene über SMS zu
       informieren, nannte er "völligen Unsinn": Dies sei ein weiterer Eingriff,
       weil man die Daten verwerte. Die Piraten bestritten das.
       
       Linkspartei-Rechtsexperte Klaus Lederer sprach von einem "handfesten
       Überwachungsskandal" und forderte, das Instrument der Handydaten-Abfrage
       ersatzlos zu streichen. Wie Lux und Christopher Lauer (Piraten) kann er
       mangels Fahndungserfolg keinen Sinn und nur Rechtsverletzungen darin
       erkennen.
       
       Nach Ansicht der CDU will die Linkspartei lediglich von eigenen Fehlern
       ablenken. Innensenator Henkel mochte nicht akzeptieren, dass sie nach
       Worten ihres Fraktionschefs Udo Wolf nichts von der Überwachung wusste, die
       2008 unter rot-roter Regierung begann. Einen von Wolf ins Gespräch
       gebrachten Untersuchungsausschuss hält er für überflüssig. "Ich weiß nicht,
       was Sie dort untersuchen wollen: Die rechtlichen Grundlagen können Sie sich
       in jeder Bibliothek rauslesen." Die Polizei habe sich an Recht und Gesetz
       gehalten.
       
       Für seinen Fraktionskollegen Robbin Juhnke spitzt die Opposition die
       Angelegenheit auf unzulässige Weise zu: "Sie tun ja gerade so, als ob die
       Polizei mit Hilfe einer perfiden Apparatur die Träume von halb
       Friedrichshain aufgezeichnet hätte."
       
       In Richtung des Grünen Lux sagte Henkel, die Fälle in Dresden seien "mit
       denen in Berlin nicht vergleichbar". Nach Angaben seines Staatssekretärs
       Bernd Krömer (CDU) hat die Polizei über die debattierte Datenabfrage hinaus
       2009 in mehr als 800 Fällen auch nicht politisch motivieter Strataten
       Handydaten überpüft.
       
       SPD-Innenpolitiker Thomas Kleineidam mochte gar nicht bestreiten, dass die
       Datenabfrage in Grundrechte eingreife. Viel hat für ihn jedoch mit Abwägung
       zu tun. Videoaufzeichnungen - sie und nicht die Datenabfragen führten zur
       Überführung eines Brandstifters - stellen für ihn einen viel größeren
       Eingriff dar. Kleineidam lehnt es wie Henkel ab, auf die Datenabfrage zu
       verzichten: "Ich kann mir vorstellen, das auch in Zukunft einzusetzen",
       sagte er. "Grundsätzlich geeignet ist es sehr wohl, auch wenn es hier
       keinen Erfolg hatte."
       
       Das Schlusswort blieb dem Piraten-Abgeordneten Morlang vorbehalten. Der
       hielt die Datenabfrage für wirkungslos. Seine Sicht: Wer Profi sei, kenne
       sich aus, nehme kein eigenes Handy, nutze es nur einmal. "Die Idioten
       können Sie damit kriegen, aber die kriegen Sie auch mit herkömmlichen
       Methoden."
       
       26 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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