# taz.de -- Hallenfußball in Deutschland: Ballstreichler unerwünscht
       
       > Derzeit läuft die Futsal-EM, doch ein deutsches Team nimmt nicht daran
       > teil. Denn es gibt gar kein Futsal-Nationalteam, aber immerhin eine
       > Förderzusage.
       
 (IMG) Bild: Ricardinho (Portugal, li.) im Futsal-Zweikampf mit Krzystof Kusia (Polen).
       
       Klaus Jahn formuliert es bewusst provokant: "Es ist
       Fußball-Europameisterschaft, und San Marino, Lichtenstein und Deutschland
       sind nicht dabei." Für die Futsal-EM, die seit Dienstag dieser Woche in
       Kroatien beginnt, hätten sich die Deutschen auch gar nicht qualifizieren
       können. Es existiert nämlich keine DFB-Futsal-Auswahl, die mit den anderen
       24 europäischen Nationalteams um die zwölf freien Plätze hätte wettstreiten
       können.
       
       Jahn ist DFB-Ausschussvorsitzender für Freizeit- und Breitensport und damit
       oberster Futsal-Funktionär in Deutschland. Das sagt alles über den
       Stellenwert des Futsals in diesem Lande. Die Dominanz des klassischen
       Kick-and-Rush-Hallenfußballs konnte Futsal nie unterminieren. Mit dem
       Hallenkick alter Prägung bessern bis heute Tausende Amateurvereine ihre
       Finanzen auf. Vom Weltverband Fifa wurde Futsal indes bereits im Jahre 1989
       als "offizielle Hallenfußballvariante" geadelt.
       
       Der DFB ließ in den letzten Jahren erkennen, dass man gewillt ist, einen
       Trend, den man verschlafen hat, aufzugreifen. Motivierend mag dabei eine
       eigens in Auftrag gegebene sportwissenschaftliche Studie gewesen sein,
       deren Ergebnisse 2007 belegten, dass das bandenlose Spiel mit dem
       sprungreduzierten Ball die technischen Fertigkeiten und die
       Handlungsschnelligkeit eines jeden Fußballers fördert.
       
       Etliche Maßnahmen wurden in der Folgezeit angekündigt. Und für das Jahr
       2013 sollte dann als Sahnehäubchen auch ein deutsches Nationalteam
       aufgebaut sein. Doch im Frühjahr 2011 besann sich DFB-Präsident Theo
       Zwanziger plötzlich eines anderen.
       
       ## Verwunderung über den Geldmangel
       
       Jahn erzählt, dass er am Rande des DFB-Futsal-Cups, der inoffiziellen
       deutschen Meisterschaft, Funktionären des europäischen Fußballverbandes
       Uefa mitgeteilt habe, dass man aus finanziellen Gründen erst einmal kein
       Futsal-Auswahlteam aufbauen werde. "Wir waren alle überrascht davon", sagt
       Jahn. Die Begründung klingt in der Tat etwas verwunderlich, ist der DFB
       doch der reichste und größte Sportverbands Europas.
       
       Innerhalb der Futsalszene führt man den Meinungswandel von Zwanziger auf
       etwas anderes zurück. Thomas Runge etwa, der Hamburger
       Futsal-Auswahltrainer, glaubt, die blamable 1:11-Niederlage eines eilig
       zusammengestellten deutschen All-Star-Teams gegen die kroatische
       Nationalmannschaft habe Zwanziger beim DFB-Futsal-Cup zur Umkehr bewegt.
       Schließlich zähle Kroatien nicht gerade zu den europäischen Futsal-Größen.
       Einen offiziellen schriftlichen Beschluss, erklärt Klaus Jahn vom DFB,
       hätte es in dieser Angelegenheit indes nicht gegeben. Alles sei mündlich
       kommuniziert worden.
       
       ## Gescheiterter Rekrutierungsversuch
       
       Für den Freizeit- und Breitensport- Ausschuss war die Willensbekundung von
       Zwanziger Anlass genug, den Regio-Cup abzusagen, der im Dezember letzten
       Jahres in Duisburg hätte ausgetragen werden sollen. Ziel der Veranstaltung
       war es gewesen, Auswahlteams der Landesverbände gegeneinander antreten zu
       lassen, um dann aus dem Vergleich der Besten ein Nationalteam zu
       rekrutieren. Jahn erklärt: "Da es in Duisburg nicht mehr um die Sichtung
       gegangen wäre, war uns das aber zu teuer."
       
       Die Absage des Turniers sorgt in der deutschen Futsalszene bis heute für
       große Aufregung. Thomas Runge, der Hamburger Futsal-Auswahltrainer sagt:
       "Man hat uns das sportliche Ziel genommen. Meine Spieler fragen sich, wozu
       sie nun ihre Freizeit opfern sollen. Und der Landesverband fragt sich
       womöglich, warum er uns weiter finanzieren soll. Wir haben durch die Absage
       ein ganzes Jahr verloren." Im Internet diskutieren die Futsal-Aktiven gar
       über die Loslösung vom DFB und die Gründung eines eigenen Verbands.
       
       ## Futsal wird weiter gefördert
       
       DFB-Ausschussvorsitzender Jahn versteht zwar die Aufregung, hält sie aber
       grundsätzlich für unbegründet. Er versichert: "Wir werden beim DFB weiter
       Futsal fördern. Der Etat wird für nächstes Jahr sogar ein wenig erhöht."
       Entgegen anders lautenden Gerüchten garantiert Jahn die Ausrichtung des
       DFB-Futsal-Cups im kommenden Jahr. Und zudem diskutiere man derzeit nach
       der Absage des Regio-Cups über die finanzielle Förderung von einzelnen
       Bundesländervergleichen.
       
       Generell setzt Klaus Jahn seine Hoffnungen auf den Wechsel an der
       DFB-Führungsspitze. Er glaubt fest daran, dass Wolfgang Niersbach Anfang
       März zum Nachfolger von Theo Zwanziger gewählt wird und die
       Futsal-Förderung zumindest wieder in die alten Bahnen lenkt.
       
       Äußerungen in diese Richtung habe Niersbach zwar nie gemacht, räumt Jahn
       ein, aber Gespräche mit DFB-Führungsleuten hätten ihm diese Zuversicht
       gegeben. Es sieht so aus, als ob die Weiterentwicklung des deutschen
       Futsals auch künftig maßgeblich von einer einzelnen Person abhängen wird.
       
       2 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
 (DIR) Johannes Kopp
       
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